Keine Angabe zu KSK-Disziplinarverfahren: Lambrecht lässt mauern

Das Verteidigungsministerium will nicht beantworten, wie viele Disziplinarmaßnahmen in der Bundeswehr-Elitetruppe KSK laufen. Und wird gerügt.

Christine Lambrecht gestikuliert vor Camouflage-Hintergrund

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) Foto: dpa

BERLIN taz | Es ist die Skandaltruppe der Bundeswehr: das Kommando Spezialkräfte, kurz KSK. Rechtsextremismusfälle, privat gehortete Munition und Sprengstoff, eine komplett aufgelöste Kompanie – immer wieder sorgte die Elitegruppe für Aufsehen und löste Ermittlungen aus. Doch das Verteidigungsministerium von Christine Lambrecht (SPD) will darüber offenbar nicht mehr reden und verweigerte zumindest zu den diziplinarrechtlichen Konsequenzen Auskünfte ans Parlament. Dafür bekommt sie nun einen Denkzettel.

Die Linken-Abgeordnete Martina Renner hatte Anfang Juli vom Ministerium wissen wollen, wie viele Disziplinar- und Strafverfahren aktuell gegen Angehörige des KSK liefen. In der Vergangenheit wurde dies noch transparent beantwortet. So hieß es vom Ministerium etwa im Juli 2021 auf eine Parlamentsanfrage, dass damals vier disziplinare Vorermittlungen und neun gerichtliche Disziplinarverfahren gegen KSK-Angehörige liefen.

Auf die aktuelle Anfrage von Renner machte das Ministerium aber plötzlich dicht: Aufgrund der Wehrdisziplinarordnung sei eine Antwort nicht möglich. Denn der dortige Paragraf 9 sehe eine Auskunft zu Diszi­plinarmaßnahmen und Strafen nur nach Einwilligung der Sol­da­t:in­nen vor. Renner war überrascht: „Was gestern noch möglich war, wird plötzlich verweigert.“ Und das ausgerechnet von der Ampel, die nach schwarz-roten Blockaden bei parlamentarischen Anfragen mehr Offenheit versprochen hatte. „Die Ampel agiert hier aber nicht besser als ihre Vorgängerregierung“, kritisiert Renner.

Wissenschaftlicher Dienst fordert Auskunft

Die Linken-Abgeordnete beauftragte daraufhin ein Gutachten beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags – und bekam Schützenhilfe. Die Anfrage verstoße nicht gegen die Wehrdisziplinarordnung, weil sie keine individualisierten Daten erfrage, sondern nur allgemeine und statistische Informationen, heißt es in dem Papier, das der taz und dem Portal „Frag den Staat“ vorliegt. Die Informationen könnten damit „ohne Zustimmung der von den Disziplinarverfahren betroffenen Soldaten mitgeteilt werden“. Eine klare Ansage.

Das Gutachten übersandte Renner am 24. August an das Ministerium, mitsamt einer neuerlichen Bitte um Antwort. Frist: 29. August. Die ließ das Ministerium verstreichen, Renner beschwerte sich erneut. Vor wenigen Tagen dann trudelte doch noch eine Antwort ein – diese jedoch nicht öffentlich, sondern als Verschlussssache eingestuft, „nur für den Dienstgebrauch“.

Renner reagiert sauer auf den Vorgang. „Es geht immer nur um eines: Irgendeine Ausrede zu finden, um der verfassungsrechtlichen garantierten Kontrolle durch das Parlament ein Schnippchen zu schlagen“, sagte sie der taz. „Dieser Vorgang zeigt: Es braucht ein selbstbewusstes Parlament und Hartnäckigkeit.“ Gerade der Skandal um rechte Vorfälle im KSK gehöre „nicht abmoderiert, sondern aufgeklärt“.

Wie viele Disziplinar- und Strafen es im KSK derzeit gibt, bleibt damit aber ungeklärt. Auch eine taz-Anfrage dazu ließ das Ministerium zunächst unbeantwortet. Dem Vernehmen nach hat sich die Größenordnung der Disziplinarverfahren im Vergleich zu 2021 nicht groß verändert. Bekannt wurde zuletzt eine Anklage gegen den Ex-KSK-Kommandeur Markus Kreitmayr wegen einer Amnestie für unterschlagene Munition. Und ein Lob der Wehrbeauftragten Eva Högl, dass die Reform der KSK „gut und konsequent“ umgesetzt wurde.

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