Geld für Stadionsanierung fehlt dem HSV: Auf goldenem Boden

Der HSV muss sein Stadion für die Fußball-EM 2024 sanieren. Das Geld, das er von der Stadt dafür bekam, hat der Club in der Pandemie ausgegeben.

Eine Illustration zeigt stilisiert das Stadion des HSV, der Geldsorgen hat, und Fans

Die Fußball-Europameisterschaft 2024 mit oder ohne Hamburg als Austragungsort, das ist die Frage Illustration: Sebastian König

HAMBURG taz | Ein Meer in Blau: Die Vereinsfarbe des HSV dominiert das Hamburger Volksparkstadion. Auf den Nord-Stehrängen, wo die aktiven Fans 90 Minuten lang Alarm machen, sowieso. Wo in besseren Zeiten die HSV-Uhr die Jahre, Monate, Tage, Stunden und Sekunden der HSV-Bundesligahistorie zählte, hängt jetzt ein Banner mit dem Antifa-Logo aus zwei wehenden Fahnen, nur eben in Schwarz-Blau statt Schwarz-Rot. Aber auch auf den Sitzplätzen tragen viele blaue Schals, Mützen, Jacken.

Sogar der kleine Gästeblock spielt heute mit: Der Karlsruher SC hat die Farben Blau-Weiß. Am blauesten ist es aber rings um das Häuflein Karlsruher Fans: Da gähnen ein paar tausend leere blaue Sitzschalen.

Und da fangen die Probleme an. Wäre der HSV noch erstklassig, wären die Sitze voll und brächten Geld ein. Im fünften Zweitligajahr ist der HSV zwar Zuschauerkrösus, leistet sich aber auch einen Spielerkader auf Erstliganiveau, der nun endlich den Wiederaufstieg schaffen soll. Dabei sind die Einkünfte in der zweiten Liga erheblich niedriger. Und es ist ja nicht so, dass der HSV als wirtschaftlich gesunder Verein abgestiegen wäre. Von rund 100 Millionen Euro Verbindlichkeiten war zwischenzeitlich die Rede.

Hamburg wird EM-Spielort

Nun steht auch noch diese Fußball-Europameisterschaft 2024 ins Haus. Eigentlich ein Grund zur Freude: Hamburg hat den Zuschlag für die Austragung von fünf Spielen bekommen, auch wegen des schönen, eng und steil gebauten Stadions, in dem Fußballfeststimmung schon wegen der dichten Akustik leichter aufkommt als in der seelenlosen Betonschüssel, die vorher an gleicher Stelle stand.

Doch die Uefa fordert eine Sanierung des im Jahr 2000 fertiggestellten Bauwerks: Klima- und Versorgungstechnik sowie Toiletten haben kein Europa-­Niveau. Der HSV würde gern auch noch das wunderbar leicht über den Rängen schwebende Dach erneuern. Nicht, weil die Membranen aus weißer Folie mittlerweile leicht angeschmuddelt aussehen. Sondern weil die Behörden sonst künftig bei Sturmgefahr das Stadion sperren könnten. Und Sturm kommt in Hamburg ja schon mal vor.

Insgesamt würde all das weit über 20 Millionen Euro kosten. Geld, dass der Verein nicht hat. Deshalb schloss er vor zwei Jahren einen raffinierten Deal mit der Stadt: Hamburg kaufte dem HSV den Grund unter dem Stadion ab – für 23,5 Millionen Euro. Das Pikante daran: Dasselbe Grundstück hatte die Stadt dem Verein 20 Jahre vorher für eine Mark überlassen, also praktisch geschenkt.

In den Rückkaufvertrag hat die Stadt nun geschrieben, dass der HSV das Stadion für die EM sanieren muss. Aber offenbar ist der Passus nicht wasserdicht. Prompt hat der HSV in der Coronapandemie zumindest große Teile des Erlöses in die laufende Wirtschaft gebuttert. Und wollte danach erneut Geld von der Stadt für die Sanierung haben. Die lehnte brüsk ab, so ass der HSV private Geldgeber suchen musste. Auf so ein Stadion kann man nämlich nicht ohne Weiteres eine Hypothek aufnehmen, denn wenn der HSV absteigen sollte, und wahrscheinlich sogar, wenn er dauerhaft den Wiederaufstieg verpassen würde, wäre ein Stadion mit 57.000 Plätzen eine wertlose Schrottimmobile.

Die Stadt soll bürgen

Der findige neue HSV-Boss Thomas Wüstefeld, der sich in kürzester Zeit vom Anteilseigner zum Aufsichtsratschef und von dort zum Finanzvorstand durchgewurschtelt hat, hat tatsächlich eine Versicherung gefunden, die dem HSV wenigstens einen Teil des Geldes leihen würde.

Aber, so sind Versicherungen nun mal, nur wenn jemand anderes für die Summe bürgt, also das Ausfallrisiko trägt. Nur wer sollte das tun, wenn nicht die Stadt? Die SPD fängt schon an, laut darüber nachzudenken, ihr grüner Koalitionspartner sagt bislang standhaft „Nein!“ Ob sie bereit wären, die Euro 2024 an Hamburg vorbeiziehen zu lassen?

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Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

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