doppelblind
: Der schöne Traum vom Holzhaus

Der deutsche Klimapapst, Hans Joachim Schellnhuber, ist auf einer Mission. Seitdem er nicht mehr Direktor des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung ist, setzt er sich dafür ein, dass mehr mit Holz gebaut wird. Es überrascht daher nicht, dass er an einer Studie beteiligt ist, in der es um CO2-Ersparnisse und Holz geht.

Die Studie erschien in Nature und zeigt, dass 106 Gigatonnen CO2 eingespart werden könnten, wenn bis 2100 90 Prozent derjenigen in Holzhäusern lebten, die neu in die Stadt ziehen oder dort geboren werden. Diese Einsparung entspricht 10 Prozent des CO2-Budgets, das zur Verfügung steht, wenn die 2-Grad-Grenze nicht überschritten werden soll.

2020 war die Materialproduktion für Gebäude für ein Zehntel der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Eine zukunftsfähige Bauweise ist also von großer Bedeutung für die Bekämpfung des Klimawandels. Mit Holz zu bauen hat noch einen weiteren Vorteil: Das CO2, das in den Bäumen gebunden wird, bleibt weitgehend im Holz. Holzhäuser können deswegen mehr CO2 binden, als sie verursachen.

Die Studie zeigt aber auch die Folgen auf, die ein größerer Holzbedarf nach sich ziehen würde. Derzeit machen Forstgebiete – keine Wälder, sondern für die industrielle Nutzung angepflanzte Bäume – weltweit etwa 4 Prozent aller mit Bäumen bewachsenen Flächen aus, liefern aber ein Drittel der Rundholzproduktion. Die Au­to­r*in­­nen der Studie sehen deswegen großes Potenzial für die Holzgewinnung in Forsten.

Wenn 90 Prozent der neu dazukommenden städtischen Bevölkerung in Holzhäusern leben soll, erwarten die Forscher*innen, dass 425 Megahektar Forstfläche nötig wären – heute gibt es nur 132 Megahektar. Neue Forste könnten jedoch die Landwirtschaft einschränken, die mit wachsender Bevölkerung ebenfalls mehr Ertrag liefern muss. In keinem der modellierten Szenarien kommt es aber zu einem solchen Fall, weil die For­sche­r*in­nen von einer verdoppelten Intensivierung der Landnutzung ausgehen. Die ist auch dann nötig, wenn nicht viel mehr aus Holz gebaut wird.

Das Modell sagt voraus, dass sich die Landnutzung besonders zuungunsten ungeschützter natürlicher Wälder verändern wird. Die For­sche­r*in­nen schreiben, dass der Verlust von Artenvielfalt sowohl in ohnehin arten­armen Forsten als auch in von Holzabbau betroffenen Wäldern ein Problem ist.

Eine Lösung bieten sie nicht an. Ihre Studie beschäftigt sich auch primär mit dem Effekt des hypothetisch gesteigerten Holzbedarfs auf Klima und Landwirtschaft. Es zeigt aber, dass die massive Förderung von Holzgebäuden keine Wunderlösung ist, bei der alle gewinnen und niemand verliert. Auch wenn das die Mission eines Hans Joachim Schellnhuber gefährdet. Jonas Waack