Trauer nach Tod von trans Mann: „Der Hass wird immer mehr“

Nach dem Tod des trans Mannes Malte C. versammeln sich in Münster und anderen Städten tausende. Auch die Bundespolitik äußert sich bestürzt.

Demonstrierende halten ein Plakat hoch, auf dem "Ignorance is a Privilege" steht

Tausende Menschen gedachten am Freitag dem verstorbenen Malte C. in Münster Foto: Friso Gentsch, dpa

BERLIN taz | Es waren mehrere tausend Menschen, die sich am Freitagabend auf dem Prinzipalmarkt in Münster versammelten. „Der Hass wird immer mehr“, beklagte eine Red­ne­r*in. Ein*e zweite gab sich kämpferisch: Man werde zeigen, „dass wir uns nicht von Drohungen und Gewalt einschüchtern lassen“. Anlass für die Kundgebung war der Tod des trans Mannes Malte C. am selben Tag, nachdem er zuvor brutal attackiert worden war.

Der 25-Jährige war vor einer Woche am Rande des Christopher-Street-Day in Münster von einem Mann angegriffen worden. Dieser hatte zuvor laut Polizei mehrere Um­zugs­teil­neh­me­r*in­nen als „lesbische Hure“ und „verpisst euch“ beschimpft und war drohend auf sie zugegangen. Malte C. habe gebeten, die Beleidigungen zu unterlassen. Darauf habe ihn der Angreifer unvermittelt ins Gesicht geschlagen. C. verlor das Gleichgewicht und habe noch im Taumeln einen zweiten Faustschlag ins Gesicht bekommen, so die Polizei. Er sei bewusstlos geworden und mit dem Hinterkopf auf den Asphalt aufgeschlagen.

Durch die Schläge und den Sturz erlitt Malte C. schwere Verletzungen und Hirnblutungen, im Krankenhaus lag er im künstlichen Koma. Am Freitag teilte die Polizei Münster dann mit, dass der 25-Jährige verstorben sei. Die Nachricht löste nicht nur in der queeren Community bundesweite Bestürzung aus.

Tatverdächtiger am Freitag gefasst

Der Tatverdächtige war zunächst mehrere Tage flüchtig, konnte am Freitag aber von der Polizei gefasst werden. Durch Zeugenaussagen war die Polizei auf Bilder von ihm gestoßen. Am Freitagnachmittag wurde der zwanzigjährige Verdächtige dann am Hauptbahnhof Münster erkannt und festgenommen. Er soll bisher schweigen und am Samstag einem Haftrichter vorgeführt werden. Gesucht wird noch ein zweiter Mann, der den Verdächtigen zum Tatzeitpunkt begleitete.

Der Verein Trans-Inter-Münster, in dem Malte C. aktiv war, zeigte sich „geschockt und traurig“ über den Tod. Auch Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) erklärte, der Tod von Malte C. erschüttere ihn zutiefst. „Wir sind unendlich traurig. Dieser Angriff gegen eine queere Person ist schrecklich. Er geht uns alle an.“

Lewe ließ alle Flaggen an städtischen Gebäuden auf Halbmast setzen. Am Rathaus gab es Trauerbeflaggung, ein Kondolenzbuch wurde ausgelegt. „Dieses grausame Ereignis zeigt, dass wir uns immer noch mehr einsetzen müssen für Gleichberechtigung und Akzeptanz von Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung“, trug Lewe dort ein.

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte, die Tat mache sie „fassungslos und unendlich traurig“. „Solcher Hassgewalt müssen wir mit aller Härte entgegentreten.“ Sven Lehmann, Queerbeauftragter der Bundesregierung, zeigte sich ebenso bestürzt. „Ich hoffe, dass Maltes Tod unsere Gesellschaft aufrüttelt. Wir haben auch in Deutschland ein großes Problem mit Hass gegen queere Menschen.“ Henrik Wüst, Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen, teilte mit, der Verstorbene habe Zivilcourage gezeigt und sich für eine weltoffene, tolerante und bunte Gesellschaft eingesetzt. „Dass er dabei sein Leben verloren hat, macht mich fassungslos und traurig. Diskriminierung und Gewalt dürfen bei uns keinen Platz haben.“ Dafür gebe es „Null Toleranz“, so Wüst.

Auch in anderen Städten wurde am Freitag dem Tod von Malte C. gedacht, darunter in Berlin, Leipzig und München. Am Samstag sollten Kundgebungen in weiteren Städten folgen.

Gewalt gegen queere Menschen zuletzt gestiegen

Laut Bundeskriminalamt gab es 2021 insgesamt 1.051 Straftaten im Bereich sexuelle Orientierung und Identität, davon 190 Gewalttaten. Im Jahr zuvor waren es 782 Straftaten, davon 154 Gewaltdelikte. 2019 noch wurden 576 Straftaten gezählt, davon 151 Gewaltdelikte.

Aufgrund der steigenden Zahlen forderte Andre Lehmann vom Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands Deutschland mehr Einsatz gegen queerfeindliche Gewalt. Der Tod von Malte C. müsse als „LSBTI-feindliches Hassverbrechen benannt und eingeordnet“ werden. Und nicht die Schlichtungsbemühungen des 25-Jährigen seien Auslöser des Angriffs gewesen, sondern „die zutiefst menschenverachtende Einstellung der Täter“, so Lehmann. Die Tat zeige einmal mehr, wie sehr es Aktionspläne gegen Trans- und Homophobie brauche.

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