Razzia gegen rechtsextreme Soldaten: Geheimaktion wird öffentlich

Im März ging der Militärische Abschirmdienst gegen mutmaßlich rechtsextreme Soldaten vor. Sie sollen Kontakt zum „Nordbund“ aus Niedersachsen haben.

Die Konrad Adenauer Kaserne in Köln.

Hier lässt man sich nicht gern in die Karten schauen: die Zentrale des MAD in Köln Foto: dpa | Oliver Berg

HAMBURG taz | Im vergangenen März schritt der Militärische Abschirmdienst (MAD) in Niedersachsen gegen Bundeswehrangehörige ein. Diese standen im Verdacht, Mitglied beim rechtsextremen Netzwerk „Nordbund“ um den Hildesheimer Johannes K. zu sein. Nun hat diese geheimdienstliche Aktion des MAD ein öffentliches Nachspiel.

Ein bei der Razzia eingesetzter Feldjäger hatte hinterher den Verdacht auf ein Dienstvergehen angezeigt. Der Militärpolizist beklagt, dass er zu einem „scharfen Einsatz im Inland“ angefordert wurde. Er bezweifelt die Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit des Einsatzes.

Im März ging der MAD gegen vermutlich zehn Bundeswehrangehörige in mehreren Bundeswehrkasernen vor. Vor allem in Hannover war der MAD an jenem Morgen im Einsatz, eine weitere Razzia fand im Landkreis Rotenburg statt. Mit Waffen und Sturmhauben ausgestattet unterstützte die Militärpolizei die Durchsuchungen – offenbar schätzte der MAD die verdächtigen Soldaten als gefährlich ein.

Im Visier hatte der MAD Soldaten, von denen manche auch als Personenschützer tätig waren und BundesministerInnen, Staatssekretäre und Generäle im Alltag und bei Auftritten begleiteten. In den Monaten vor der Razzia soll einer der verdächtigen Personenschützer beim Nordbund aktiv gewesen sein.

Einsatz ohne schriftlichen Befehl

Den MAD ließ er freiwillig sein Handy auswerten. Sie fanden darin Chats, die den Kreis der Verdächtigen erweiterte. Rassistische Motive und Hitler-Bilder sollen sich die Personenschützer gesendet haben. Deshalb gebe es nun in diesem Arbeitsbereich der Bundeswehr ein Personalproblem, berichtete das Onlinemedium t-online.de.

In einer Niederschrift der Vernehmung, die der Deutschen Presse-Agentur (dpa) und t-online.de vorliegen, berichtet der Feldjäger, dass er und weitere Militärpolizisten vom Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen zunächst informiert worden seien, dass sich der anstehende Einsatz gegen den Nordbund richtet und die Beschuldigten Verbindungen ins kriminelle Rockermilieu haben. Deshalb forderte das LKA von den Feldjägern ein „robustes und einschüchterndes Auftreten“.

Ein schriftlicher Befehl soll dem Feldjäger allerdings nicht vorgelegt worden sein. Ihm sei gesagt worden, dass dieser nachgereicht würde, berichtet die dpa. Hinzu erschien ihm das Mitführen von scharfen Waffen als ungewöhnlich. Und da er unter den Beschuldigten auch noch einen Angehörigen seiner Kompanie ausmachte, begannen seine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einsatzes.

Ein MAD-Mitarbeiter soll ihm dann erklärt haben, dass diese Zielperson „kein Dreck am Stecken“ habe, man wolle sie aber „gezielt unter Druck setzen und vor den Bug schießen“, um über sie an Informationen über andere Verdächtige zu gelangen.

Letztlich sicherte der Feldjäger auf dem Fliegerhorst Wunstorf die Vernehmung eines zivil angestellten Oberbrandmeisters der Flugfeldfeuerwehr ab. Was aus seiner Anzeige folgt, ist bislang noch unklar.

Kontakte zum NSU

Der Anstoß zu den Ermittlungen des MAD könnte wiederum von einer antifaschistischen Initiative erfolgt sein. In einer 18-seitigen Broschüre berichtete sie kürzlich über Nordbund-Aktivisten: Seit Jahren bewegt sich Johannes K. zwischen Rechtsextremismus- und Militär-Milieu. In Hildesheim betreibt K. ein Tattoo-Studio. Der frühere Panzergrenadier wirkte bei dem im Jahr 2000 verbotenen Netzwerk „Blood and Honour“ mit. 2008 wurde er wegen Weiterführung der Organisation zu einer Geldstrafe verurteilt.

Nahe dem Truppenübungsplatz Munster im Landkreis Heidekreis betrieb der Tätowierer zusammen mit einem anderen Blood-and-Honour-Kameraden eine „Close Combat School“. Zum Programm gehörten unter anderem Ausbildungen im Gelände, Schießen und Messerkämpfe, aber auch Überfälle auf Fahrzeuge und Widerstand gegen Verhörtechniken.

Auch hatte K. Kontakte zum Terror-Netzwerk des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU): 1999 besuchte er ein Solidaritäts-Konzert des thüringischen Liedermacherduos „Eichenlaub“, das wiederum dem auf der Flucht befindlichen NSU-Kerntrio ein Lied widmete. 2011 besuchte André E. den Tattoo-Laden und wurde freundlich begrüßt. Er half dem NSU-Mitglied Beate Zschäpe wenige Wochen später, nach der Selbstenttarnung des NSU, bei der Flucht. E. und K. waren auch bei der rechten „Artgemeinschaft – Germanische Glaubensgemeinschaft“ aktiv.

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