Mit dem Nachtzug nach Split: Prosecco und Klappbecken im Waggon

Mit dem Zug nach Kroatien, ist das nicht zu weit? Nicht unbedingt. Die Fahrt im Nachtzug von Wien nach Split ist jedenfalls erholsamer als ein Flug.

Beine mit Puschen in einem Nachtzug.

Willkommens-Tüte inklusive: Puschen für den Nachtzug Foto: Keystone/picture alliance

SPLIT taz | Von Berlin nach Kroatien mit dem Zug? Ist das nicht zu weit und zu kompliziert, zumal mit zwei Kindern? Eigentlich nicht, wenn man bereit ist, etwas mehr Energie in die Reiseplanung zu investieren. Einen direkten Nachtzug von Berlin aus gibt es nicht. Aber die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) bieten ein paar Nightjet-­Linien, die mehrmals die Woche lohnenswerte Reiseziele anfahren, die man auf dem Weg in den Süden mitnehmen kann: Wien, Bratislava, Zagreb …

Wir entscheiden uns zunächst für den Nachtzug Berlin–Wien und steigen dann nach zweitägigem Aufenthalt in Wien an einem Dienstagabend in den Euronight 1153 nach Split. Knapp 16 Stunden Reisezeit liegen vor uns und einige Ungewissheiten: Da wir die Fahrkarten „nur“ zweieinhalb Monate im Voraus gekauft haben, waren die (allerdings auch 20 Euro pro Person teureren) Viererschlafwagen bereits ausgebucht. Also müssen wir uns als vierköpfige Familie auf zwei sogenannte Triples verteilen, Abteile mit je drei Liegen. Vier Bettplätze in der zweiten Klasse, Sparschiene, 309,80 Euro, so steht es auf dem Ticket. Aber wer schläft bei den Kindern und wer muss die Nacht mit zwei fremden Menschen gleichen Geschlechts verbringen? Aus der Buchungs-Website geht das nicht hervor. Auch nicht, ob es einen Speisewagen gibt. Zur Vorsicht decken wir uns im Bahnhofssupermarkt mit Lebensmitteln ein – und Ohrstöpseln, für den Schnarch-Ernstfall.

Als wir unseren Waggon gefunden haben, geleitet uns ein entspannter Uniformierter zu unseren Abteilen („Der Vater schläft bei den jungen Herren nebenan, Bett unten!“) und drückt uns je eine Willkommens-Tüte in die Hand. Darin stecken: ein Piccolo Prosecco (auch für die Kinder!), Wasser, salzige Cracker und süße Waffeln, Ohrstöpsel, ein Waschlappen und graue Stoffpuschen mit ÖBB-Logo.

Der Platz für Schuhe, Koffer und Proviant ist knapp, aber gerade so ausreichend, das WLAN funktioniert tadellos. Und so schaukeln wir entspannt hinaus in den Abend, trinken Prosecco, essen zu Abend und haben bald das ganze Abteil vollgemüllt, da es keinen großen Mülleimer zu geben scheint. Als draußen die Sonne über den slowenischen Hügelketten untergeht, kommt die Preisfrage: Wie macht man die Betten? Die Antwort ist ein unmissverständliches Schild an der Abteilwand: Ausschließlich der Steward ist befugt, die Betten umzuklappen! Wenige Minuten später quetschen sich alle zum Zähneputzen mit den Füßen auf dem untersten Bett ans winzige Klappwaschbecken, dann verschwindet der Mann ins Männerabteil, und wir klemmen uns die Ohropax in den Gehörgang und … schlafen tatsächlich sehr gut! Keine ruckartigen Bremsmanöver und quietschenden Schienen, wie auf der Strecke nach Wien.

Nachtzüge sind eine umweltfreundliche Alternative zu vielen Flügen. Die taz stellt deshalb in loser Folge Verbindungen mit Schlaf- oder Liegewagen vor. Denn viele Ange­bote sind kaum bekannt. Wir schreiben aber auch, was besser werden muss, damit sie für mehr Menschen attraktiver werden.

Alle vorherigen Folgen finden Sie auf www.taz.de/nachtzugkritik.

Erst als morgens alle zur gleichen Zeit ihr Bett zurückgeklappt haben wollen, ihr Frühstück abholen und die wenigen Toiletten frequentieren, kommt ein Hauch Stress auf. Aber nicht lange: Die Sonne scheint grell ins Abteil, noch eine Kurve und man sieht das Meer vor Split aufleuchten. Ein Anblick, der auch mit der grässlichen ÖBB-Kaffeeplörre und den Papp­croissants versöhnt.

Kurz vor 10 Uhr morgens ist eine perfekte Zeit, um in Split anzukommen: Auf dem Wochenmarkt gibt es billige Sonnenbrillen, saftige Kirschen und echten Kaffee. Die Fähren zu den Inseln fahren nur wenige Meter entfernt ab. Als wir die Koffer aufs Schiff ziehen, die neuen Brillen auf der Nase, sind wir uns einig: Das Mehr an Reisedauer und das (leichte) Mehr an Reisekosten haben sich gelohnt, denn wir fühlen uns schon bei der Hinreise erholter als nach einem kürzeren Anreisetag voller nerviger Check-in-Schlangen am Flughafen, Boarding-Schlangen und Sicherheits-Check-Prozeduren.

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