Diskriminierung in Berliner Strandbad: Bäderbetriebe müssen auftauchen

Justizverwaltung und Linkspartei halten die „Türpolitik“ im Strandbad Grünau für diskriminierend: Bäderbetriebe müssten den Pachtvertrag nachbessern.

Blick auf den Strand vom Strandbad Grünau

Zutritt für Menschen nur aus Grünau – oder vor allem für Weiße? Das Strandbad Grünau an der Dahme Foto: Andreas Gora/Imago

BERLIN taz | Der Druck auf die Berliner Bäder Betriebe (BBB), etwas in Sachen „Türpolitik“ im Strandbad Grünau zu unternehmen, steigt. Die Leiterin der Ombudsstelle der Justizverwaltung, Doris Liebscher, legt dem landeseigenen Betrieb nahe, im Vertrag mit dem privaten Pächter „den Zugang diskriminierungsfrei zu gestalten“ und im Falle der Zuwiderhandlung den Pachtvertrag zu kündigen, wie sie am Mittwoch auf taz-Anfrage erklärte.

Auch die Fraktion der Linkspartei im Abgeordnetenhaus will in diesem Sinne auf die BBB einwirken, sagte die Abgeordnete Elif Eralp der taz. „Es besteht Handlungsbedarf. Offenbar werden vor allem Menschen mit Migrationsgeschichte oder aus Bezirken mit einem hohen Anteil an migrantischen Menschen nicht eingelassen. Das ist Diskriminierung!“

Über das Strandbad Grünau mehren sich seit einigen Tagen Beschwerden, dass an vollen Tagen Menschen an der Kasse abgewiesen werden. Wie der Tagesspiegel zuerst berichtete, werden potenzielle Gäste teilweise nach ihrer Postleitzahl gefragt und abgewiesen, wenn sie nicht aus Grünau und Umgebung kommen. Der B.Z. wurde von Securities auch eine Liste mit „erlaubten“ Postleitzahlen gezeigt.

Eine Sprecherin der BBB erklärte auf taz-Anfrage, Pächter könnten ihre Hausordnung selbst festlegen. Allerdings sei im Pachtvertrag geregelt, dass der Betreiber „das Bad für den öffentlichen Betrieb gepachtet hat“ – was eigentlich bedeutet, dass man nicht einen Teil der Öffentlichkeit willkürlich ausschießen kann. Offenbar aufgrund der aktuellen Debatte soll es nun in der kommenden Woche ein Gespräch mit dem Pächter geben.

Dieser wiederum, die Stadt.Land.Bad GmbH, wollte sich auf taz-Anfrage nicht äußern: „Wir sagen dazu gar nichts“, erklärte eine Frau am Telefon. Auf eine Anfrage im Portal „Frag den Staat“, das Bür­ge­r*in­nen bei Anträgen nach dem Informationsfreiheitsgesetz hilft, begründete der Betreiber sein Vorgehen beim Einlass 2021 mit Corona-Auflagen. Weiter schreibt er dort: „Wir verstehen uns als Unternehmen mit regionalem Bezug, daher haben wir entschieden, den Menschen aus der Umgebung des Strandbads beim Einlass den Vorrang zu geben.“

Abgewiesene Be­su­che­r*in­nen beschweren sich, etwa auf dem Portal Tripadvisor, darüber, dass dies nicht auf der Webseite stehe. Zudem legen mehrere Berichte nahe, dass es nicht immer um die Postleitzahl geht, sondern – zumindest manchmal – um den Ausschluss von Menschen bestimmter (angenommener) Herkunft. Auch die Ombudsstelle der Justizverwaltung hat inzwischen drei Beschwerden von „migrantischen Familien“ bekommen, wie Liebscher sagte. Eine Unterscheidung nach dem Wohnort falle zwar nicht unter die Verbote nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG); das Gesetz verbiete jedoch Diskriminierungen wegen der ethnischen Herkunft und rassistischen Zuschreibungen. Und da der Bezirk Treptow-Köpenick mit 19 Prozent den geringsten Migrationsanteil in Berlin habe, „liegt hier offensichtlich eine mittelbare Diskriminierung vor“, so Liebscher.

Allerdings gelte das Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG), das Diskriminierungen durch Berlins Behörden und landeseigene Betriebe verbietet, in diesem Fall nicht, so Liebscher, weil die BBB das Bad nicht selbst betreiben, sondern an eine Firma verpachtet haben. Damit wird hier das AGG wirksam, das vor Diskriminierungen im privatwirtschaftlichen Verkehr schützt. Die Ombudsfrau hofft, „dass eine der migrantischen Familien gegen diese diskriminierende Praxis klagt“.

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