Kühnert fordert schärfere Kriterien: Ampel im Clinch wegen Gasumlage

Auch Vertreter der Ampel drängen Habeck zu Änderung: Profitable Konzerne sollen die von Kunden bezahlte Umlage nicht in Anspruch nehmen dürfen.

Arbieter mit Helm an Maschine

Ein Arbeiter kontrolliert den Gasdruck am Erdgasspeicher Bierwang Foto: Frank Hoermann/Sven Simon/imago

BERLIN taz | Selbst innerhalb der Ampel-Koalition wächst die Kritik an der Gasumlage, die alle Gaskunden ab Oktober zahlen müssen. Der Hintergrund: Es wurde bekannt, dass auch Unternehmen profitieren, die zuletzt hohe Gewinne gemacht haben.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert forderte das von Robert Habeck (Grüne) geführte Wirtschaftsministerium auf, schärfere Kriterien einzuführen. „Wenn sogar kerngesunde Unternehmen mit üppigen Gewinnen Geld aus der Gasumlage erhalten können, dann sichern die Verbraucher in Deutschland damit nicht etwa deren Existenz, sondern die Renditen der Eigentümer“, sagte Kühnert zu dpa. „Diese Bereicherung auf Kosten der Gaskunden muss deshalb nun klipp und klar durch das Wirtschafts- und Klimaministerium rechtlich ausgeschlossen werden.“

Ähnlich äußerte sich der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse. „Die Putin-Umlage ist ein Instrument, das in Schieflage geratene Unternehmen stabilisieren soll“, sagte er der taz. „Es sollten damit ausschließlich Unternehmen unterstützt werden, die sich in einer marktgefährdenden Schieflage befinden.“ Auch Kruse meint darum: „Minister Habeck wäre gut beraten, an dieser Stelle nachzuschärfen und die Grundlage für die Umlage anzupassen.“

Bereits zuvor hatte der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Dieter Janecek, gegenüber der taz erklärt, dass der Gesetzgeber die Kriterien anschärfen müsse, wenn profitable Unternehmen nicht von sich aus auf die Umlage verzichten. Das Wirtschaftsministerium äußerte sich am Dienstag nicht zur Frage, ob die Verordnung, in der die Umlage geregelt ist, noch einmal überarbeitet werden soll.

Parlament hat noch indirekte Druckmittel

Ein direktes Mitspracherecht hat der Bundestag allerdings gar nicht mehr, denn die Verordnung zur Gasumlage und die Änderung des Energiesicherungsgesetzes, auf der sie beruht, sind bereits in Kraft. Das Parlament hat trotzdem ein gewisses Druckmittel, denn es muss der Senkung der Mehrwertsteuer auf Erdgas zustimmen, mit der die Bundesregierung die Mehrbelastungen der Verbraucher durch die Umlage teilweise ausgleichen will.

Die Gasumlage in Höhe von 2,4 Cent pro Kilowattstunde wird ab Oktober erhoben; sie läuft maximal bis April 2024 und kann alle sechs Monate in der Höhe angepasst werden – je nachdem, wie sich die Marktlage und damit der Bedarf der Unternehmen entwickelt. Die Einnahmen, die derzeit auf 34 Milliarden Euro geschätzt werden, sollten eigentlich genutzt werden, um Gas-Importeure vor der Insolvenz zu bewahren, wenn sie wegen des Ausfalls russischer Gaslieferungen Ersatz zu deutlich höheren Preisen beschaffen müssen, diese Mehrkosten aber zunächst nicht an ihre Kunden weitergeben können. Die am Montag veröffentlichte Liste der 12 Unternehmen, die Ansprüche angemeldet haben, enthält aber auch viele Konzerne, die zuletzt Gewinne in Milliardenhöhe gemacht haben und somit keineswegs von Insolvenz bedroht sind.

Die Berliner Wirtschaftskanzlei Raue hält die Umlage in der geplanten Form unter anderem deshalb für rechtswidrig. Der in der Verordnung vorgesehene Ausgleichsanspruch schieße „über das Maß des Erforderlichen hinaus“, schreiben die Juristen in einer Stellungnahme. „Diese Überkompensation zulasten der Verbraucher ist nicht nur mit Blick auf die bewirkten Grundrechtseingriffe unverhältnismäßig, sondern legt auch eine europarechtswidrige Beihilfe nahe.“

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