Cum-Ex-Skandal um Steuerbetrug: Scholz und die Affäre ohne Ende

Wird es brenzlig für den Kanzler? Der Cum-Ex-Ausschuss hört ihn am Freitagnachmittag an. Es wird vermutlich nicht sein letzter Auftritt dort sein.

Der Eingang einbes Bankgebäudes

Der Hauptsitz der in die Cum-Ex-Affäre verwickelten Privatbank M.M.Warburg & CO in Hamburg Foto: Hanno Bode/imago

BERLIN taz | Die entscheidende Frage lautet noch immer genauso wie am Anfang der Affäre: Hat Olaf Scholz 2016 Einfluss auf die Entscheidung der Finanzverwaltung genommen, von der Warburg-Bank Millionen Euro wegen des Cum-Ex-Raubes nicht zurückzufordern? Falls dies beweisbar ist, wird Scholz als Kanzler zurücktreten. Aber: Es existiert bis heute kein eindeutiger Beleg.

Scholz’ Position lautet: Seit zweieinhalb Jahren werde der Fall akribisch untersucht. Der Ausschuss habe 50 Zeugen und Zeuginnen befragt, es gebe Tausende Seiten von Akten, ohne dass ihm eine Einflussnahme – die laut Scholz „eine politische Dummheit“ gewesen wäre – nachgewiesen werden konnte.

Es gibt aber eine Reihe von Merkwürdigkeiten. Verdächtig wirkt vor allem die zeitliche Nähe des Treffens von Scholz und des Warburg-Bankers Christian Olearius und der Entscheidung der Finanzbehörde, das Cum-Ex-Geld nicht zurückzufordern. Beides geschah im November 2016. Zwischen dem Treffen bei Scholz, damals Erster Bürgermeister in Hamburg, und dem Banker und der Entscheidung lagen nur ein paar Tage. Laut Olearius’ Tagebuch, allgemein als glaubwürdige Quelle anerkannt, hat Scholz sich die Sorgen der Bank angehört, ohne dazu Stellung zu beziehen.

Der damalige Finanzsenator Peter Tschentscher gab die Stellungnahme der Bank via Scholz an die Finanzbehörde weiter – mit dem Vermerk „Bitte um Information zu Sachstand“. Das werten manche als politische Einflussnahme des Senators.

Fragen ans engste Umfeld von Scholz

Eine Schlüsselfigur der Affäre ist die Steuerbeamtin Daniela P., die für die Warburg-Cum-Ex-Entscheidung der Hamburger Finanzbehörde 2016 wesentlich verantwortlich war. Im August 2021 hat sie im Untersuchungsausschuss kategorisch bestritten, dass es eine politische Einflussnahme gegeben habe. Sie habe auch von den Treffen von Scholz und Olearius nichts gewusst. Die Cum-Ex-Entscheidung sei fachlich begründet gewesen. Die Unsicherheit, ob es sich wirklich um Cum-Ex-Geschäfte gehandelt habe, sei damals zu groß gewesen.

Daniela P. ist nun erneut in den Fokus geraten, weil sie nach der Entscheidung im November 2016 einer Freundin eine Nachricht schickte, „ihr teuflischer Plan“ sei aufgegangen. Damit könnte gemeint sein, dass sie die Entscheidung der Finanzbehörde zugunsten der Bank manipuliert hat.

Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen Daniela P. ebenso wie gegen die SPD-Politiker Alfons Pawelczyk und Johannes Kahrs. Der Grund: mögliche Begünstigung der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften. Kahrs und Pawelczyk hatten sich laut Olearius’ Tagebuch dafür eingesetzt, dass der Bank-Mitinhaber Scholz treffen kann. Die Hamburger Staatsanwaltschaft sieht keinen Ermittlungsbedarf gegen Scholz. Auch die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt nicht gegen ihn, hält sich diese Möglichkeit aber für die Zukunft offen.

Die Affäre hat nun wegen zweier Neuigkeiten an Aktualität gewonnen. Die Frage lautet: Gab es Verschleierungen im Nachhinein? Im Zuge der Ermittlungen gegen Kahrs, Pawelczyk und Daniela P. tauchte der Verdacht auf, dass es in der Finanzbehörde eine „gezielte Löschung von E-Mails“ gab, so die Kölner Ermittler.

Die zweite Frage richtet sich an das engste Umfeld von Scholz – seine Büroleiterin Jeanette Schwamberger. Die schrieb laut Medienberichten in einer Mail, es sei „mit Olaf zu diskutieren, wie wir die Termine (Treffen/Telefonate) mit Kahrs, Pawelczyk und Tschentscher einsortieren“. Einsortieren in Anführungszeichen. Sollten damit bisher nicht bekannte Treffen von Scholz mit Kahrs und Pawelczyk verborgen werden, bei denen es um Warburg ging? Oder war damit anderes gemeint?

Am Freitag wird der Kanzler ab 14 Uhr zum zweiten Mal in Hamburg dem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen. Ein Ende der Affäre ist damit nicht in Sicht. Norbert Hackbusch, Vertreter der Linkspartei in dem Untersuchungsausschuss, geht davon aus, dass dies nicht der letzte Auftritt des Kanzlers vor dem Cum-Ex-Ausschuss gewesen sein wird.

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