Sozialprotest vor FDP-Zentrale in Berlin: „Lindner Rücktritt – ein Übergewinn“

Rund 200 Menschen haben vor der FDP-Zentrale für gerechtere Krisenpolitik demonstriert. Aufgerufen hatte das Bündnis „Wer hat, der gibt“.

Plakat vor der FDP-Zentrale: "Wir können uns kein Porsche-Minister leisten"

Rund 200 Leute skandierten vor der Berliner FDP-Zentrale „Ganz Berlin hasst die FDP“ Foto: Paul Zinken/dpa

Berlin taz | Seit Wochen wird über mögliche Proteste wegen hoher Inflation und Energiekrise geredet. Haben sie jetzt in Berlin-Mitte begonnen? Am Mittwochabend um 18 Uhr trafen sich dort etwa 200 Menschen vor der FDP-Zentrale in der Reinhardtstraße. Die Stimmung war ausgelassen. „Heute beginnen die Sozialproteste in Deutschland“, rief ein junger Mann durch das Mikrophon. Ein vielstimmiges „Ganz Berlin hasst die FDP“ antwortete ihm. Die Parole war in der nächsten Stunde noch öfter zu hören.

Auf Pappschilder waren viele Gründe zu lesen, warum gerade diese Partei und ihr Vorsitzender Christian Lindner in den Fokus der Proteste geriet. „Porsche-Freund ist unser Feind“ war dort zu lesen oder „Lindner Rücktritt – ein Übergewinn“. „Finanziert durch Porsche“ war auch auf einen Plakat mit Lindners Konterfei zu lesen.

In kurzen Redebeiträgen wurde dem FDP-Vorsitzenden vorgeworfen, für das Auslaufen des 9-Euro-Tickets ebenso verantwortlich zu sein wie für die Förderung des Dienstwagenprivilegs und anderer Vergünstigungen für AutobesitzerInnen. „Lindners Ablehnung einer Übergewinnsteuer wie sie in vielen EU-Staaten bereits existiert, hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Da haben wir gedacht, jetzt protestieren wir vor der FDP-Zentrale“, berichtete ein junger Aktivist über die recht kurzfristige Mobilisierung zu der Kundgebung.

Aufgerufen hat das sozialpolitische Bündnis „Wer hat, der gibt“, das sich im Herbst 2020 gegründet hat. Es forderte während der Corona-Pandemie, dass die Reichen zur Kasse gebeten werden sollen. Umverteilungsforderungen dominierten auch die zahlreichen kurzen Redebeiträge am Mittwochabend. „Wir fangen mit der FDP an, aber auch die anderen Regierungspartei verdienen unsere Kritik“, betonte eine Rednerin.

„Noch viel zu wenige“

Selbstkritische Töne kamen von einer Vertreterin der anarchistischen Gruppe Perspektive Selbstverwaltung. „Wir sind noch viel zu wenige und auch schon sehr spät dran mit unseren Protesten“, gab sie zu bedenken. Insgesamt aber dominierte Aufbruchstimmung. VertreterInnen verschiedener Antifagruppen waren ebenso vertreten wie die globalisierungskritische Organisation Attac.

Auch mehrere Mitglieder der Linkspartei hatten sich hinter einen großen Banner versammelt. Der Linken-Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser schrieb von einem „kleinem Vorgeschmack“ was auf die Ampel zukomme, „wenn sie nicht umgehend für ein echtes Entlastungspaket für kleine und mittlere Einkommen sorgt.“

Nach einer knappen Stunde war der Protest vorbei. Einige junge AktivistInnen wollten im Anschluss noch eine Spontandemonstration anmelden. Doch da hatten sich die meisten schon in den heißen Sommerabend zerstreut. „Das war erst der Anfang, wir kommen wieder“, verabschiedete sich ein Sprecher am Mikrofon. Man hatte den Eindruck, dass es ernst gemeint ist.

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