ZDF-Meteorologe über Extremwetter: „Die Natur ist radikal“

Dürre und Starkregen werden zur Normalität, sagt ZDF-Meteorologe und Klimaerklärer Özden Terli. Die Menschen müssten sich an die steigende Hitze anpassen.

Der Wasserspiegel eines Berliner Karpfenteichs ist so niedrig, dass der Boden schon rissig wird.

Hat akuten Wassermangel: das ausgetrocknete Panketal bei Berlin Foto: Florian Boillot

taz: Herr Terli, wenn die Hitze so viel Wasser verdunstet und alles austrocknet, dann müsste es doch auch mehr regnen? Irgendwo müsste das Wasser doch wieder runterkommen?

Özden Terli: Das Wasser bleibt im System, es verschwindet nicht. Aber es regnet woanders ab. Das liegt auch am Klimawandel. Zirkulationssysteme, die sogenannten Jetstreams, verändern sich und Hochs verstärken sich. Wenn das Wasser woanders ist und nicht bei uns, dann haben wir ein Problem. Und andere haben vielleicht das Problem, dass sie zu viel Wasser haben.

51, ist Meteorologe und Wetter-Moderator beim ZDF. Er thematisiert in seiner Wetterpräsentation häufig den anthropogenen Klimawandel und dessen Folgen.

Starkregen wie im vergangenen Jahr in der Eifel und in anderen Teilen Westdeutschlands wird also gleichzeitig auch wahrscheinlicher?

Ja, Luft kann deutlich mehr Feuchtigkeit aufnehmen, je wärmer sie ist. Diese Feuchtigkeit ist im Prinzip Treibstoff für Gewitter. Wenn Hitze und Feuchtigkeit zusammenkommen, dann knallt es ordentlich. Es entstehen Gewitter und ein Starkregen, der in einem Rutsch herunterkommt. Insbesondere, wenn es vorher eine Dürresituation gab, führt das zu Überflutungen. Die Böden sind dann nämlich komplett verhärtet und weniger aufnahmefähig. Das kann von Jahr zu Jahr variieren: Mal haben wir es mit solchen Tiefs zu tun, dann haben wir wieder so krasse Dürreperioden wie jetzt. Anhaltender Regen hingegen, wie er früher bei Westwind oft vorkam, ist heute nicht mehr so häufig.

Der Pegel des Rheins ist immer noch an mehreren Stellen auf einem Tiefstand. Erledigt sich das wieder?

Dafür müsste es erst mal wieder entsprechend viel regnen. Ich denke aber schon, dass der niedrige Pegel kein Dauerzustand ist. Normalerweise müssten uns wieder mehr Tiefs erreichen, die Regen mitführen. Aber das ist keine Garantie. Wir haben im letzten Winter gesehen, dass sich starke Hochs aufbauen können, mit denen Luft aus nordwestlichen Richtungen kommt. Dann kann es auch im Winter durchaus ziemlich trocken sein.

Das heißt, die Erholung von der Dürre könnte schwierig werden?

Es ist nicht zu erwarten, dass es in den nächsten Wochen und Monaten in dem Ausmaß regnen wird, wie es früher normalerweise geregnet hat. Letzte Woche hat es zwar an vielen Orten in Deutschland gewittert. Aber geändert hat der Regen an der Dürre nur wenig und nur lokal etwas. In den tieferen Schichten fehlt das Wasser trotzdem. Wir haben seit 2018 eine ziemlich üble Situation in den tiefen Bodenschichten. Und die nächste Hitze steht schon wieder an. Dieser Sommer könnte der heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen werden.

Glauben Sie, dass wir in Deutschland Wasser sparen müssen?

Wassersparen ist die eine Sache. Wir müssen uns an mehr Hitze anpassen, und zwar nicht nur, aber auch in Hinblick auf den Wasserhaushalt. Die Städte müssen zum Beispiel atmen können und sollten weniger versiegelt sein, damit Wasser besser absickert. Aber ich denke, Wasser wird irgendwann sogar rationiert werden müssen. In Deutschland durfte man schon teilweise seinen Rasen nicht mehr sprengen. Und sobald kein Wasser mehr da ist, wird es eben ganz abgestellt. Wenn die Natur vorgibt, dass es kein Wasser mehr gibt, dann gibt es kein Wasser mehr. Da kann man sich auf die Hinterbeine stellen und schreien: ‚Das ist meine Freiheit. Ich benutze so viel Wasser, wie ich will und ich dusche so viel, wie ich will.‘ Aber die Natur ist radikal.

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