Neue „Herr der Ringe“-Serie auf Amazon: Willkommen zurück in Mittelerde

Das Werk von J. R. R. Tolkien wird ab sofort als Serie auf Amazon Prime weitergeführt – mit viel Pathos und Pomp.

Ein Paar umarmt sich

Elrond und Galadriel in einer Szene Foto: Amazon Studios

„Wir haben einfach so oft und so lautstark wie möglich die Hand gehoben!“, lacht Drehbuchautor Patrick McKay, als im virtuellen Pressegespräch anlässlich des Starts der neuen Serie „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ die Frage aufkommt, wie mit ihm und seinem langjährigen Freund und Wegbegleiter J. D. Payne ausgerechnet zwei mit solchen Aufgaben nie betraute New­comer Showrunner der womöglich teuersten Serie aller Zeiten werden konnten.

250 Millionen Dollar schließlich hat Amazon Prime Video allein für das Recht bezahlt, sich nach Mittelerde begeben zu dürfen, die Produktion der ersten Staffel (geplant sind fünf) soll noch einmal fast doppelt so viel gekostet haben. „J. D. und ich sind mit Tolkiens Werk und auch den Filmen von Peter Jackson groß geworden. Als wir vom Plan einer Serie hörten, wussten wir einfach, dass in diesen Büchern noch eine großartige Geschichte steckt, die bislang nicht erzählt wurde“, sagt McKay.

Eine einfache Neuauflage der Geschichten, die Jackson in seinen Kino­trilogien „Der Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“ erzählt hatte, war von Beginn an ausgeschlossen, während zugleich die Nachlassverwaltung des britischen Schriftstellers bekannt dafür ist, auf Werktreue zu pochen. „Schon Tolkien selbst sagte immer, er habe eigentlich das Gefühl, nichts erfunden, sondern vielmehr eine Welt entdeckt zu haben, die schon immer existierte“, gibt Payne zu Protokoll. „Uns ging es natürlich erst recht so. Wir fühlten uns wie Archäologen, die auf immer neue Details und Spuren stießen, was die Vergangenheit dieser Welt angeht.“

Tatsächlich spielt die Serie nun im Zweiten Zeitalter von Mittelerde, also viele Tausend Jahre vor den bekannten Ereignissen. Fündig wurden die Showrunner und ihr Au­to­r*in­nen­team dabei vor allem in den umfangreichen Anhängen, die Tolkien „Herr der Ringe“ beifügte.

In Neuseeland gedreht

Aus dem langen Schatten der Jackson-Filme konnten sie dabei dennoch nicht treten, wie die ersten beiden der Presse vorab gezeigten Episoden verdeutlichen. Zwar betont Payne, dass man auf keinen Fall bloß auf Nostalgie habe setzen wollen. Aber ignorieren ließ sich natürlich auch nicht, was der Kollege bereits etabliert hatte, zumal, wenn man all die Millionen Fans von damals nun anlocken wollte.

So hat ­Oscargewinner Howard Shore auch wieder zumindest die Titelmusik zu „Die Ringe der Macht“ geschrieben, und weil in Neuseeland gedreht wurde (Staffel 2 entsteht aktuell in London), waren einige Crewmitglieder schon an den Trilogien beteiligt. Und auch die sattgrünen Wiesen und schneebedeckten Berge sind noch immer die gleichen.

Ein weiteres Wiedersehen mit einer alten Bekannten gibt es. Galadriel (Morfydd Clark), die in der Kinotrilogie eine uralte, weise und von Cate Blanchett verkörperte Elbenführerin war, ist hier eine noch junge Kriegerin, fest davon überzeugt, dass Sauron, der mächtige Feind des Guten, noch längst nicht endgültig besiegt ist, wie alle anderen nach Jahrhunderten des Kriegs zu glauben scheinen.

Doch „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ erzählt nicht nur von Galadriels unermüdlicher Suche nach dem Bösen, sondern stellt auch andere Figuren in den Mittelpunkt: Halb­elbe Elrond (Robert Aramayo) etwa, der eine Allianz mit den Zwergen in Khazad-Dûm anstrebt, den Bogenschützen und Silvan-Elben Arondir (Ismael Cruz Córdova), der heimliche Gefühle für die menschliche Heilerin und alleinerziehende Mutter ­Bronwyn (Nazanin Bo­nia­di) hegt, oder das neugierige Harfuß-Mädchen Nori (Markella Kavenagh), das mitansieht, wie ein Fremder in einem flammenden Meteor aus dem Himmel stürzt. Sie alle spüren ganz deutlich, dass neue, gefährliche Zeiten bevorstehen. Insgesamt wird es darum gehen, wie die Ringe der Macht geschmiedet werden und welche Auswirkungen ihre Verteilung auf die Elben, Menschen und Zwerge haben wird.

Nahtlos integrierter Humor

Erfreulicherweise geht das Konzept von Payne und McKay für den Anfang zumindest tatsächlich auf. Man fühlt sich, als würde man eine vertraute Welt betreten, an der es neue Seiten zu entdecken gibt. Die Pracht der Bilder ist beeindruckend (und wirkt längst nicht bloß wie eine Computerkreation). Immer wieder schwillt die Orchesteruntermalung an, und Platz für eine ominöse Weisheit über gut und böse oder gleitende Schiffe und sinkende Steine findet sich immer.

Aufgefangen wird das durch viele Momente nahtlos integrierten Humors sowie eine Vielzahl von einnehmenden Figuren, für die man auch deswegen schnell Interesse entwickelt, weil sich die Serie Zeit lässt mit der Exposition, statt sofort mit Action überwältigen zu wollen. Dass es in der gesamten ersten Folge nur einen einzigen Kampf mit einem finsteren Fabelwesen gibt, mag manch ungeduldige Zu­schaue­r*in­nen irritieren, deutet aber den dringend nötigen langen Atem der Verantwortlichen an. Und Lust auf mehr macht „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ nach dem gelungenen Auftakt der ersten beiden Episoden allemal.

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