Parteiwechsel in Hamburg: CDU freut sich über Ex-AfDler

Jörn Kruse, einst Mitbegründer der AfD, ist nach längerer Parteilosigkeit in die CDU gewechselt. Dort hat man kein Problem mit seiner Vergangenheit.

Jörn Kruse in der Hamburgischen Bürgerschaft: Ein Anzugtäger mit Lesebrille auf der Nasenspitze erhebt mahnend den Zeigefinger

Zog es von der AfD in die CDU: Jörn Kruse Foto: Christian Charisius/dpa

HAMBURG taz | Altes Gesicht, neue Partei: In Hamburg hat sich der frühere AfD-Chef der Bürgerschaftsfraktion und des Landesverbandes Jörn Kruse der CDU angeschlossen. Von seiner Seite aus ist das nicht sonderlich überraschend. Kruse, einst Gründungsmitlied der AfD hatte der Partei schon 2018 den Rücken gekehrt. Vor zwei Jahren sagte er in einem Interview, dass er sich ein parteipolitisches Comeback bei der CDU vorstellen könne – falls es Friedrich Merz zum Kanzlerkandidaten der Union bringen würde.

Diese Bedingung gibt Aufschluss über Kruses Haltung: Der Ex-AfDler vertritt neoliberale Wirtschaftsvorstellungen und gibt sich wertkonservativ. Eine Position, die extrem-rechte Ausschläge nicht ausschließt: Im Wahlkampf bezeichnete Kruse Frauen in Burkas als „schwarze Monster“, als Bürgerschaftsabgeordneter wollte er per Kleiner Anfrage wissen, wie häufig der Name „Mohammed“ in Hamburg vorkomme.

Kurz vor seinem Parteiaustritt 2018 behauptete der heute 73-Jährige in einem Interview, dass etwa ein Prozent der hier lebenden Muslime mit Kalaschnikows und Messer ihren Zielen Nachdruck verleihen würden.

Bereits 2020 soll Kruse sich um eine CDU-Mitgliedschaft bemüht haben. Damals ohne Erfolg. Am Montag stimmte der CDU-Kreisvorstand Hamburg-Nord dann einstimmig für die Aufnahme: „Die CDU war immer dann erfolgreich, wenn sie christlich-soziale, liberale und konservative Strömungen vereint hat“, sagte der CDU-Landesvorsitzende Christoph Ploß.

Innere Spannungen in der AfD

Das der Ex-AfDler nun gerade bei diesem Kreisverband aufgenommen wurde, dürfte kein Zufall sein. Ploß selbst steht ihm vor. Und der CDU-Bundestagsabgeordnete hat sich mehr als einmal als Fan von Merz und Feind einer gendergerechten Sprache positioniert.

Kruses Weg weg von der AfD zeichnete sich schon länger ab: Bei einer AfD-Wahlkampfveranstaltung im Jahr 2015 gab es die ersten Spannungen zwischen ihm und der Partei. Damals griff er in einer Rede die Attentate in Paris auf. „Leider ist es viel früher passiert, als ich gehofft habe“, sagte er. Applaus brauste auf, der ihm unangenehm war. Er hatte das nicht sagen wollen, sondern sich versprochen. Vielleicht hätte er die AfD verlassen sollen, als in solchen Momenten der Rechtstrend sichtbar wurde.

Doch auch als seine Lebensgefährtin die AfD 2015 verließ, da sie eine „hoffnungslos nach rechts treibende Partei der Ewiggestrigen“ sei, blieb Kruse und hielt sich mit öffentlicher Kritik zurück. Auch dann noch, als 2016 herauskam, dass Fraktionsmitarbeiter neu-rechte Hintergründe hatten und 2017 ein Liederbuch des heutigen AfD-Bürgerschaftsfraktionsvizes Alexander Wolf mit NS-Liedern publik wurde.

Nach dem Sturz des ersten Bundesvorsitzenden Bernd Lucke 2015, verließ Kruse aber die Programmkommission der Partei und kritisierte 2016 das Programm als „vorgestrig und frauenfeindlich“. Der Landesverband mahnte ihn ab. Der parteiinterne Zuspruch sank weiter, als er im August 2018 die Aussage eines Landesvorsitzenden der Jungen Alternative kritisierte, der den Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg als Verräter und Feigling bezeichnet hatte.

Auch eine Demo von AfD und Pegida im September kritisierte er. In einer E-Mail an Partei und Fraktion beklagte er, „die zunehmende Zusammenarbeit von Teilen der AfD mit Rechten und Rechtsradikalen“.

Felix Krebs vom Hamburger Bündnis gegen Rechts hält Kruse vor, erst gegangen zu sein, „als die Stimmen für eine geheimdienstliche Beobachtung der AfD unüberhörbar wurden“. Dass die CDU einen Förderer rassistischer Politik zum prominenten Mitglied mache, sage viel über den zukünftigen Kurs der Partei aus.

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