Rücktritte aus öffentlichen Positionen: Platz machen

Wenn eine RBB-Intendantin zurücktritt wegen unsensiblen Finanzgebarens – sollten andere dann nicht erst recht den Hut nehmen? Ein paar Vorschläge.

Eine Person geht auf einem roten Teppich die Treppe herunter

Was haben Manuela Schwesig, Markus Söder und Gerhard Schröder gemeinsam? Sie könnten zurücktreten Foto: Ulrich Baumgarten/vario images

BERLIN taz | Ist es die Hitze, Dürre und die allgemeine Schlappheit? Das Thema dieses Sommers scheint jedenfalls der Rücktritt zu sein. VW-Chef Herbert Diess gibt das Steuer aus der Hand; der nächste Papst redet davon, nicht erst im Himmel in Rente zu gehen; Birgitte Nyborg, die dänische Außenministerin in der Netflix-Serie „Borgen“, denkt gerade über ihr politisches Ende nach; und RBB-Intendantin Patricia Schlesinger tritt als ARD-Chefin und Senderleiterin zurück.

Vielleicht sollten wir so weitermachen. Es gibt jedenfalls noch eine Menge anderer Leute, auf deren Demission wir dringend warten. Weil sie ihre Arbeit nicht tun, ihr Amt beschädigen, unser Geld verprassen oder uns alle immer tiefer in den Mist reiten.

Wo soll man da anfangen? Vielleicht bei Manuela Schwesig, die als Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern mit Gazprom-Geld eine staatliche „Klimastiftung“ aufgebaut hat, um den dreckigen Nord-Stream-Deal mit einem Verbrecherregime grün anzumalen.

Oder bei Andreas Scheuer, der offenbar das Parlament belog, trotz Warnungen 500 Millionen Steuergeld versenkt hat, trotzdem bis zum Ende Verkehrsminister bleiben durfte und weiter im von ihm ausgetricksten Bundestag sitzt.

Rücktritt bei Rückschritt

Was ist mit Markus Söder, der Bayern in 18 Jahren klimaneutral sehen will, statt Windrädern aber vor allem heiße Luft produziert? Oder mit so ziemlich allen LandwirtschaftsministerInnen, unter denen die Höfe und Bauern sterben, die Tiere leiden, die Natur verkümmert und nur die fetten Agrarbetriebe gedeihen?

Und schließlich: Könnte nicht endlich auch mal Gerhard Schröder vom Amt als Altkanzler zurücktreten?

Aber auch dann bleibt noch viel zu tun. Die EU-Kommission hat die Gelegenheit zum Rücktritt verpasst, als über Jahre der Emissionshandel floppte und 2010 die EU-Ziele zur Rettung der Biodiversität einfach mal verfehlt und um zehn Jahre gestreckt wurden. Der deutsche Nachhaltigkeitsrat zieht immer wieder eine düstere Bilanz des Regierens und Wirtschaftens – von Rücktritten danach keine Spur.

Ähnlich geht es den anderen Öko-Warnern aus all den Kommissionen, Runden Tischen und Sachverständigenräten: Die Probleme werden immer besser bekannt und benannt. Konsequenzen für die (nicht) handelnden Personen: keine.

Was wir bräuchten: Rücktritt bei Rückschritt. Öffentliche Ämter bekämen Zielvorgaben für jedes Jahr: Senkung der CO2-Emissionen um x Prozent, Steigerung der Artenvielfalt um y Prozent, Rückbau von soundsoviel Kilometern Straße.

Wer als AmtsträgerIn diese Ziele erreicht, wird offiziell belobigt, dass er oder sie den gut dotierten Job auch gut gemacht hat. Wer die Ziele übererfüllt, kann sich als Bonus ein paar Tage Urlaub zusätzlich nehmen. Und wer sie nicht schafft, bekommt im nächsten Jahr eine zweite Chance, wird aber bei weiterem Versagen gefeuert. Selbstverständlich mit Bio-Treibstoff.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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