Cum-Ex-Affäre in Hamburg: Eine Gefahr für Scholz?

Beinahe täglich gibt es neue Details zur Hamburger Cum-Ex-Affäre. Auch der Kanzler soll im Untersuchungsausschuss erneut aussagen.

Ein Gemälde mit Schiffen, eine große hölzerne Tür

Flur vor dem Plenarsaal der Hamburgischen Bürgerschaft: Hier läuft die Cum-Ex-Untersuchung Foto: dpa

HAMBURG taz | Fast jeden Tag gibt es neue Details rund um den Steuerverzicht der Hamburger Finanzbehörde aus dem November 2016 gegenüber dem Bankhaus Warburg. Die 47 Millionen Euro, die man damals als verjährt bezeichnete, wurden inzwischen jedoch durch die Entdeckung einer Whatsapp‑Nachricht der damals zuständigen Finanzbeamtin Daniela P. zum „teuflischen Plan“ veredelt.

Prompt bemühten sich die SPD-Vertreter im Untersuchungsausschuss Daniela P. zur Einzeltäterin zu stilisieren. Viel näher liegt jedoch die Vermutung, dass Daniela P. – von wem und wie auch immer – beauftragt war, einen juristischen Ausweg zu suchen, um die Steuernachforderung zu stoppen.

Auch die 214.800 Euro in kleineren Scheinen und die 2.400 US-Dollar in einem Sparkassen-Schließfach des Hamburger Sozialdemokraten Johannes Kahrs sorgen für anhaltende Verwunderung. Woher kam das Geld? Zudem wurde jetzt bekannt, dass inzwischen ein Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Köln vom 30. März 2022 für das E-Mail-Postfach olaf.scholz@sk.hamburg.de (sk für „Senatskanzlei“) umgesetzt wurde. Alle Mails seit 1.1.2015 wurden inzwischen durchsucht. Gut möglich, dass dort weiteres belastendes Material sichergestellt wurde.

Schwindendes Elefantengedächtnis

„Immer neue Enthüllungen sowie die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Köln bringen Licht ins Dunkel“, erklärte CDU-Fraktionschef Dennis Thering dem Hamburger Abendblatt und legte nach: „Die Schlinge um die politisch Verantwortlichen in der Cum-Ex-Steuergeldaffäre zieht sich langsam zu.“ Tatsächlich legt die Indizienlage eine Kumpanei von Stadtstaatsvertretern, Finanzbehörde und Bankhaus Warburg inzwischen immer näher: Erhielt der Hamburger SPD-Politiker Johannes Kahrs die Parteispenden von mehreren 10.000 Euro für seine Parteibasis im Bezirk Hamburg Mitte für seine Vermittlung von Gesprächen zwischen Bankchef Olearius und Bürgermeister Olaf Scholz im Amtszimmer?

Wie kommt es, dass Olaf Scholz, bekannt für sein Elefantengedächtnis und seinen detail­versessenen Aktenhunger, bei seiner Vernehmung vor dem Hamburger Cum‑Ex‑­Untersuchungsausschuss zunächst erst 60 Minuten eine Philippika über die verbrecherischen Cum-Ex-Deals hält, um in der Befragung anschließend kurz und knapp zu behaupten, er könne sich an den Inhalt seiner Gespräche mit dem Warburg-Dealer nicht erinnern. Haben tatsächlich Scholz und sein damaliger Finanzsenator Tschentscher dem Finanzamt – wie auch immer – bedeutet, das Bankhaus Warburg zu schonen? Aber: Gerichtsfest bewiesen ist noch nichts.

Der Hamburger Untersuchungsausschuss befragte am Dienstag vier Finanzbeamte zum zweiten Mal. Am 11. August folgt die Vernehmung des ehemaligen CDU-Finanzsenators Wolfgang Peiner. Und am 19. August hoffen viele auf eine Art Showdown: Dann wird Olaf Scholz zum zweiten Mal vor dem Untersuchungsausschuss aussagen. Die Oppositionsvertreter im Untersuchungsausschuss wollen bis dahin die neuen Erkenntnisse der Kölner Staatsanwaltschaft ausgewertet haben und hoffen auf weitere Überraschungen. Sie wollen zudem den Untersuchungsauftrag ausweiten und jetzt auch den Umgang mit Cum-Cum-­Geschäften und weiteren missbräuchlichen Aktientransaktionen ins Visier nehmen.

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