Idee für frierende Ber­li­ne­r*in­nen: Nationalgalerie wird Wärmestube

Museen sind ein „Raum für alle“, sagt Klaus Biesenbach, Chef der Neuen Nationalgalerie. Und schlägt eine Offene-Tür-Politik für die Wintermonate vor.

Eine Einganghsalle ist von innen im Weitwinkel fotografiert. Das Licht föllt von draußen herein. Die Halle ist fast komplett leer, nur zwei breite, graue Säulen stützen die Decke links und rechts. Die Decke hat horizontale und vertikale Querverstrebungen. Zwischen den Verstrebungen sind immer je vier kleine Lichter angebracht.

Genug Platz gibt es in den Räumlichkeiten der Neuen Nationalgalerie ja wirklich Foto: dpa

Die Hilfsangebote für frierende Deutsche im Winter, die sich die steigenden Energiekosten nicht mehr leisten können, werden immer kreativer. Vor wenigen Wochen ließ noch der griechische Tourismusmanager verlauten, es sei ihm eine große Freude, deutsche Rentner in seinem gastfreundlichen Land zu begrüßen. Nun berichtet Klaus Biesenbach, Direktor der Neuen Nationalgalerie, er werde jeden mit offenen Armen empfangen, der wegen des harten Winters Lust habe, im Museum zu überwintern. Anlässlich der Langen Nacht der Museen an diesem Wochenende erinnert er daran, dass das Museum „ein Raum für alle von allen“ sei – und wie er als Student mit unbeheiztem Kellerzimmer den Winter 1989/90 im Bode-Museum verbracht habe.

Biesenbachs Idee ist geradezu brilliant, nicht nur, aber vor allem, was die 1968 gebaute und gerade frisch renovierte Nationalgalerie angeht. Denn dieses Haus ist nicht nur ein Prestigeprojekt für Berlin, das Ludwig Mies van der Rohe, einer der wichtigsten Architekten der Moderne, nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland gebaut hat. Der wuchtige Bau ist auch eine Schnapsidee. Er wurde eigentlich gar nicht für diesen Standort, ja nicht einmal für Berlin konzipiert. Die Entwürfe wurden eigentlich 1957 für das Hauptquartier des Rumherstellers Bacardi in Santiago de Cuba gemacht.

Aus diesem Bau wurde dann nichts. Dafür wurde etwas aus der Nationalgalerie. Und die verfügt bekanntlich über eine 3.000 Quadratmeter große und im Grundriss quadratische Haupthalle, die von Glaswänden getragen wird und äußerst schwer zu bespielen ist, wie Museumsleute immer wieder klagen. Es gibt keine weißen Wände, an die man Bilder hängen könnte. Schon bei der ersten Ausstellung, einer Mondrian-Schau, wurden die Werke auf hängenden Wandpaneelen ausgestellt. Im riesigen Raum kamen die kleinen Bilder kaum zur Geltung.

Vielfältige Nutzungsmöglichkeiten

Deshalb musste die Halle immer wieder, gelinde gesagt, kreativ genutzt werden, zum Beispiel durch eine Reihe von Konzerten der Band Kraftwerk im Jahr 2015. Sie als eine Art Wartehalle für frierende Ber­li­ne­r*in­nen neu zu definieren passt also wirklich hervorragend. Oder warum nicht gleich sie zu einer ausreichend geräumigen Wärmestube für Berliner Obdachlose machen, die ja bekanntlich immer am meisten frieren – ob mit oder ohne gepfefferte Gaspreise.

Wie das wohl Mies gefallen hätte? Er begriff seine Glashalle als freien Universalraum ohne funktionale Festlegungen. In einem Interview hat er mal gesagt: „Ich habe gesagt, Menschenskind, macht doch die Bude groß genug, dann kannste hin und her drin laufen, nicht nur in einer vorgezeichneten Bewegung oder was Du Dir gedacht hast, wie es benutzt werden soll.“

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