Beschluss des Bundesverfassungsgerichts: Impfpflicht gegen Masern bleibt

Die Karlsruher Rich­te­r:in­nen bestätigen die Regelung für Kita-Kinder. Geklagt hatten vier impfskeptische Elternpaare. ​

Ein Heftpflaster

Pieks – und Pflaster drauf! Foto: imago

FREIBURG taz | Die Masern-Impfpflicht für Kinder ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Donnerstag veröffentlichen Beschluss. Die Verfassungsbeschwerden von impfskeptischen Eltern wurden abgelehnt. Gesundheitsminister Karl Lauterbach sprach von einer guten Nachricht für Eltern und Kinder.

Seit dem 1. März 2020 gilt bundesweit das Masernschutzgesetz. Es sieht vor, dass Kinder in Kitas, Horten und Schulen gegen Masern geimpft sein müssen. Ausgenommen sind nur Kinder, die bereits Masern hatten und daher immun sind, und Kinder, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Wird die Impfung nicht nachgewiesen, dürfen Kinder nicht in die Kita. Bei Schulkindern droht den Eltern ein Bußgeld bis 2.500 Euro. Der Stichtag für den Nachweis wurde wegen Corona mehrfach verschoben. Derzeit gilt der 31. Juli 2022.

Gegen dieses Gesetz hatten vier Elternpaare mit vier Kindern Verfassungsbeschwerde erhoben. Die Klagen wurden von der „Initiative freie Impfentscheidung“ koordiniert. Da die Kinder noch im Kita-Alter sind, ging es in Karlsruhe nur um die Impfpflicht von Kita-Kindern. Es ging auch nicht um die parallel eingeführte Impfpflicht für Personen, die in Schulen, Kitas, Krankenhäusern, Arztpraxen und Flüchtlingsheimen arbeiten.

Die Eltern machten geltend, dass durch die Impfung unverhältnismäßig in die körperliche Unversehrtheit der Kinder sowie in ihr Elternrecht eingegriffen werde.

Impfschaden „extrem unwahrscheinlich“

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts lehnte die Klagen nun ab. Die Masern-Impfpflicht sei verhältnismäßig. Sie diene vor allem dem Schutz von Menschen, die nicht geimpft werden können, insbesondere Säuglingen im ersten Lebensjahr und Menschen mit Immunschwächen.

Die Rich­te­r:in­nen räumten ein, dass die Masern-Impfpflicht einen „nicht unerheblichen“ Eingriff in die Grundrechte der Kinder und Eltern darstelle. Zwar gebe es keinen Impfzwang. Aber wenn eine Betreuung von ungeimpften Kindern in Kitas und anderen Gemeinschaftseinrichtungen ausgeschlossen ist, übe das Druck auf die Eltern aus, was vom Gesetzgeber ja auch beabsichtigt gewesen sei. Eltern müssten die Betreuung der Kinder dann anders organisieren, außerdem fehle den Kindern auch die entsprechende vorschulische Förderung.

Das Gesetz verfolge aber das legitime Ziel, die Impfquote in Deutschland zu erhöhen, so die Richter:innen. Derzeit liegt sie bei 4- bis 7-jährigen Kindern bei 93,1 Prozent. Um die Masern auszurotten, was weltweit angestrebt wird, ist aber eine Impfquote von 95 Prozent erforderlich. Deutschland ist einer von nur noch fünf EU-Staaten, in denen es immer wieder zu Masern-Ausbrüchen kommt. So gab es 2015 bundesweit 2.465 Fälle, 2021 allerdings nur zehn.

Die Abwägung von Nutzen und Risiken spreche eindeutig für die Masern-Impfpflicht, so die Richter:innen. Masern seien hochansteckend und könnten im Extremfall tödlich enden. Dagegen sei die Impfreaktion mit Rötungen, Schwellungen und Schmerzen an der Einstichstelle „mild“. Ein echter Impfschaden sei „extrem unwahrscheinlich“.

Die Rich­te­r:in­nen halten auch den Eingriff in das Elternrecht für gerechtfertigt. Denn das Elternrecht sei „kindeswohlorientiert“ auszulegen und die Impfung verbessere die „gesundheitliche Sicherheit“ des Kindes erheblich.

Nur eine Einschränkung machte Karlsruhe. Da in Deutschland keine reinen Masern-Impfstoffe zugelassen sind, dürften zwar Kombinationspräparate genutzt werden, die auch gegen Mumps, Röteln und Windpocken schützen. Unzulässig wäre es aber, wenn es ausschließlich Kombinations-Impfstoffe gäbe, die sich auch gegen weitere Krankheiten richten.

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