Diskriminierung in Deutschland: Besonders oft Rassismus

Der Bericht der Antidiskriminierungsbeauftragten zeigt, dass Diskriminierung in Deutschland weiter häufig ist. Sie plant Reformen bei der Erfassung.

Portrait

Ferda Atamans erste Pressekonferenz in ihrer neuen Funktion Foto: Wolfgang Kumm/dpa

BERLIN taz | Die meisten Fälle von Diskriminierung, die dem Bund gemeldet werden, gehen auf Rassismus zurück. Die kürzlich nominierte Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman hat am Dienstag den Bericht der Antidiskriminierungsstelle für das Jahr 2021 vorgestellt. Es war Atamans erste Pressekonferenz in dem neuen Amt. Auf Presseanfrage antwortet sie, sie sei trotz vorheriger starker Diskussion um ihre Person, die geeignete Besetzung für ihre Stelle.

Die Zahlen im Bericht, der noch unter Atamans Vorgänger Bernhard Franke als kommissarischer Leiter der Antidiskriminierungsstelle entstanden ist, weisen auf einen leichten Rückgang der Beratungsanfragen an die Antidiskriminierungsstelle im Vergleich zu 2020 hin. Im Jahr 2021 gab es 5617 Anfragen, die sich auf mindestens eins der vom Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geschützten Merkmale bezogen, also unter anderem ethnische Herkunft, Behinderung, Alter und Geschlecht. Die Meldezahl ist der zweithöchste Wert seit Gründung der Antidiskriminierungsstelle 2006. Lediglich 2020 waren es mehr Anfragen mit einem Höchststand von 6383. „Die Zahl der uns geschilderten Diskriminierungsfälle ist alarmierend. Sie zeigt aber auch, dass sich immer mehr Menschen nicht mit Diskriminierung abfinden und Hilfe suchen“, sagte Ataman.

Das deckt sich in etwa mit denen von Ataman angekündigten Schwerpunkten für ihre Amtszeit: Den Schutz vor Diskriminierung stärken und vor allem das AGG bekannter machen, aber auch das Beratungsangebot flächendeckend ausbauen.

Rassismus ist meist verbreitete Diskriminierungsform

Mit 37 Prozent der gemeldeten Fälle ist 2021 Diskriminierung aufgrund von ethnischer Herkunft am meisten vertreten. Mit 32 Prozent folgen schon die Fälle, in denen Diskriminierung aufgrund von Behinderung beschrieben wurde. Ein großer Teil der Zahl, nämlich 1022 Fälle, ist vor allem auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. Bei denen ging es unter anderem um Maskenpflicht für Menschen mit Atemwegserkrankungen. Im Jahr 2020 war wegen der Corona-Pandemie der häufigste Meldegrund Diskriminierung aufgrund von Behinderung oder chronischer Krankheiten.

Die Zahl ist etwas rückläufig, Ataman betont aber, dass die Zahl der Fälle, die auf andere Diskriminierungsmerkmale hinweisen, stetig zunimmt. So steigen die Daten im Zusammenhang mit Geschlecht und Alter 2021 leicht an, auf 20 bzw. 10 Prozent. Diskriminierung sei sogar eine ernstzunehmende Gefahr, die im öffentlichen Diskurs wenig beachtet wird. So sollen nach repräsentativen Umfragen Rassismus und Alter von den Befragten ähnlich häufig als Diskriminierungsgrund angegeben werden; in den Beratungsanfragen spiegelt sich das jedoch nicht wider. Im Bericht werden 28 Prozent der Diskriminierungsfälle aus dem Arbeitsleben gemeldet, 33 Prozent beim Zugang zu privaten Dienstleistern, zum Beispiel beim Einkaufen oder bei Bankgeschäften.

Die meisten gemeldeten Fälle von Diskriminierung werden allerdings mit 37 Prozent aus Bereichen gemeldet, die das AGG nicht behandelt. Hier geht es vor allem um staatliches Handeln, zum Beispiel von der Polizei, auf Ämtern oder von der Justiz. Aber ebenso wird von Benachteiligungen in der Schule und im öffentlichen Raum berichtet.

Antiziganismus als Schwerpunkt

Dies bestätigt auch Violeta Balog, die als Mitglied des Vereins Amaro Foro die Belange der Rom­n:ja vertritt. Sie berichtet zum Beispiel von schlechterer Benotung für Rom­n:ja und Sin­ti:z­ze und rassistischen Beleidigungen auf der Straße. Antiziganismus ist einer der Schwerpunkte im Antidiskrimiminierungsbericht 2021. Balog betont und bekräftigt Atamans Aussagen: Auch wenn nicht alle Diskriminierungsformen vom AGG abgedeckt werden, müssen alle Fälle erfasst werden.

Das ist auch mit Blick auf die angekündigte Reform des AGG, der sich Ataman in ihrer Amtszeit widmen will, wichtig. Das AGG soll ausgebaut werden und vor allem sollen Schutzlücken ausgebessert werden. Ataman fordert vor allem den Ausbau der Beratungsstellen für Betroffene von Diskriminierung. Die stetige Zunahme der Anfragen, die die Antidiskriminierungsstelle seit Jahren verzeichnet, bestätigt den Bedarf an diesen Beratungstellen. Außerdem will Ataman die momentan achtwöchige Meldefrist für Beschwerden auf mindestens ein Jahr verlängern und ein Verbandsklagerecht für Betroffene durchsetzen. Die Reformvorschläge sollen in einem Eckpapier bis Ende des Jahres vorliegen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.