Angriff mit Messer auf offener Bühne

Salman Rushdie schwer verletzt. Der Attentäter befindet sich in Haft und erklärt sich für unschuldig

Als Rushdie die Bühne betrat, wurde er von einem in Schwarz gekleideten und maskierten Mann angegriffen

Der weltbekannte Schriftsteller und Buchautor Salman Rushdie ist Ende vergangener Woche nur knapp dem Tod entkommen, als er in den USA von einem Täter auf offener Bühne angegriffen und schwer verletzt wurde. Rushdie erlitt zahlreiche Stichverletzungen im Oberkörper und liegt seither im Krankenhaus. Laut Angaben seines Agenten kann der 75-Jährige inzwischen wieder sprechen, nachdem er am Samstag von der Beatmungsmaschine genommen wurde.

Der Anschlag ereignete sich am späten Freitagmorgen in der Kleinstadt Chautauqua, die sich im äußersten Westen des US-Bundesstaates New York befindet. Dort sollte Salman Rushdie während einer Literaturveranstaltung eine Vorlesung geben. Doch als dieser die Bühne betrat, wurde er von einem in Schwarz gekleideten und maskierten Mann angegriffen.

Sicherheitskräfte sowie Gäste der Veranstaltung stürmten daraufhin die Bühne, um erste Hilfe zu leisten und den Täter zu stoppen. Der blutüberströmte Rushdie wurde umgehend per Hubschrauber in ein nahes Krankenhaus geflogen, wo er noch am selben Tag notoperiert wurde.

Sein Agent Andrew Wylie teilte im Anschluss mit, dass sein Klient wahrscheinlich ein Auge verlieren werde. Zudem habe er durchtrennte Nerven in einem seiner Arme davongetragen und auch seine Leber wurde durch die Stichverletzungen geschädigt.

Über das Motiv des mutmaßlichen Attentäters, der von der Polizei als 24 Jahre alter Hadi Matar identifiziert wurde, gibt es bislang keine Angaben. Matar wurde noch am Tatort verhaftet und sitzt seither in Untersuchungshaft. Während einer ersten Gerichtsanhörung am Samstag wies dieser den Anklagevorwurf des versuchten Mordes und der Körperverletzung zurück und plädierte auf nicht schuldig.

Der Staatsanwalt sagte, dass es sich bei dem Vorfall um einen „gezielten, nicht provozierten und geplanten Angriff“ gehandelt habe. Der Anschlag sorgte nicht nur in der Literaturwelt für Empörung und Entsetzten. US-Präsident Joe Biden und seine Frau Jill sagten in einer Stellungnahme, dass Rushdie durch seine „Humanität, seinen ausgeprägten Sinn für Erzählung und seiner Weigerung, sich einschüchtern oder mundtot machen zu lassen, universelle Ideen vertritt“.

Der britische Premier-Kandidat für die Nachfolge von Boris Johnson, Rishi Sunak, forderte Sanktionen gegen den Iran. Sunak sagte, der Angriff müsse ein „Weckruf für den Westen“ sein und spreche dafür, die iranische Revolutionsgarde als Terrororganisation einzustufen.

Der israelische Regierungschef Jair Lapid sah die Schuld an dem Angriff auch bei der Führung des Irans. Der Vorfall sei „das Resultat von Jahrzehnten der Aufwiegelung, angeführt durch das extremistische Regime in Teheran“, schrieb Lapid am Samstagabend bei Twitter.

Von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hieß es: „Wer diesen Mordanschlag nun auch noch rechtfertigt, verbreitet nichts anderes als Hass und Extremismus. Wer an ein friedliches Zusammenleben glaubt, muss sich dem klar und konsequent entgegenstellen.“

Der Schriftstellerverband PEN teilte mit: „Als Zeichen unserer Solidarität mit diesem mutigen Kämpfer für die Freiheit des Wortes ernennt das Präsidium des PEN-Zentrums Deutschland Salman Rushdie zum Ehrenmitglied.“

Rushdie erhält seit mehr als 30 Jahren Todesdrohungen. Nach der Veröffentlichung seines Buchs „Die satanischen Verse“ im Jahr 1988 erließ der inzwischen verstorbene geistliche Führer des Iran, Ajatollah Chomeini, im Jahr 1989 eine Fatwa, die zur Tötung des Schriftstellers aufrief. Zur Belohnung wurde ein Kopfgeld ausgesetzt. Diese führte dazu, dass Rushdie für Jahre untergetaucht war.

Es ist noch nicht geklärt, ob die weiterhin bestehende Fatwa oder das ausgesetzte Kopfgeld ein Motiv für den Angriff auf Rushdie war.

Hansjürgen Mai, Washington