Formkrise bei Bayer Leverkusen: Blass wie eine Leinwand

Leverkusen legt einen veritablen Fehlstart in die Fußballsaison hin und ist nun Tabellenletzter. Die Werkself verliert gegen den FC Augsburg 1:2.

Ein Spieler von Bayer Leverkusen zieht sich sein Trikot übers Gesicht

Schamvolle Verhüllung: Leverkusens Sardar Azmoun versteckt sich lieber Foto: Federico Gambarini/dpa

Die jüngste dicke Enttäuschung mit Bayer Leverkusen war gerade sechs Stunden alt, da bekam Patrik Schick ganz unverhofft ein wenig seelische Aufbauhilfe. Der stürmende Berufskollege Niclas Füllkrug startete seinen Auftritt im ZDF-„Sportstudio“ in dem Moment mit Überlegungen darüber, wer sich im Jahr eins nach dem Abflug von Weltfußballer Robert Lewandowski Richtung Barcelona am ehesten die Torjägerkrone in der Bundesliga aufsetzen könnte. Füllkrug, in den ersten zwei Partien mit Aufsteiger Bremen selbst schon zwei Mal erfolgreich, grübelte nicht lange – und legte sich fix auf Schick fest.

Zur Begründung führte der meinungsfreudige Füllkrug die starke letzte Saison des Tschechen an. Zudem betonte der Angreifer mit der großen Zahnlücke: „Ich glaube auch, dass er ein sehr kompletter Stürmer ist.“ Den Beweis dieser These blieb Schick am Samstag allerdings komplett schuldig. Vielmehr stand für den 26-Jährigen und seine Leverkusener Spielkameraden nach dem 1:2 gegen Augsburg fest, dass der Einstieg in die neue Runde wirklich kompletter Mist gewesen war.

Mit dem peinlichen Pokal-Aus gegen Drittliga-Aufsteiger Elversberg (3:4) fing es an. Für das 0:1 zum Ligastart in Dortmund gab es dann zwar keine Punkte, aber dank einer ansehnlichen Leistung nach der Pause zumindest die Hoffnung, die eigenen hohen Erwartungen doch erfüllen zu können. Die Pleite gegen den FC Augsburg, der im 23. Versuch erstmals gegen Leverkusen gewann, ließ beim ungewohnten Liga-Schlusslicht nun aber früh die Alarmglocken schrillen. Denn neben den miesen Ergebnissen läuft unter dem Bayer-Kreuz derzeit auch vieles andere schief.

So fehlte gegen Augsburg neben Mittelfeld-Arbeiter Robert Andrich (Bluterguss im Gesäß) mit dem rotgesperrten Keeper Lukas Hradecky auch ein zweiter der wenigen Wortführer im Team. Die hochgelobten Offensivkräfte Schick, Moussa Diaby und Sardar Azmoun blieben gegen die Gäste aus Schwaben und ihren überragenden Schlussmann Rafal Gikiewicz blass wie Leinwände.

„So ein Scheißstart“

Der knapp fünf Monate nach seinem Sehnenriss im Oberschenkel gerade erst zurückgekehrte Amine Adli brach sich das linke Schlüsselbein. Hradecky-Vertreter Andrey Lunev erlitt bei einem Abschlag eine Sehnenverletzung im rechten Oberschenkel. Zudem scheint sich mittlerweile auch der Transfer des ukrainischen Nationalstürmers Mykhaylo Mudryk von Schachtar Donezk zerschlagen zu haben.

Coach Seoane vermisste im Spiel seines Teams vor allem „Fluss und Rhythmus“

Dass Coach Gerardo Seoane am Donnerstag zum vierten Mal Vater geworden und deshalb unter der Woche vorübergehend zu Frau und Familie in die Schweiz gereist war, blieb da erst einmal die einzige erfreuliche Botschaft aus dem Lager des Vorjahresdritten. Weil sie ihren Kader mehr oder weniger komplett zusammengehalten hatten, waren die Rheinländer – mal wieder – als Geheimfavorit und potenzielle Bayern-Jäger in die Saison gegangen. Nun aber hörte man Geschäftsführer Fernando Carro im Kabinengang der BayArena fürs Erste frustriert rufen: „So ein Scheißstart.“

Davon wussten auf der britischen Insel auch die Leverkusener Leidensgenossen ein trauriges Lied zu singen: Mit Cristiano Ronaldo in der Startelf stand das 0:4-Debakel von Manchester United in Brentford bereits nach 35 Minuten fest. Mit der zweiten Niederlage im zweiten Spiel plumpste der englische Rekordmeister am Samstag ans Tabellenende. Und der Däne Mathias Jensen, Brentfords Bester, meinte fast mitleidig über die Verlierer: „Es war offensichtlich, wie schwer sie sich taten.“

An der Dhünn war währenddessen neben Carro auch Abwehrchef Jonathan Tah arg geknickt und befand: „Das ist nicht unser Anspruch. Das ist nicht das, was wir uns vorgestellt haben.“ Damit alles nicht noch schlimmer wird – drei Pflichtspiel-Niederlagen zum Auftakt leistete sich Bayer zuletzt 1979 –, mahnt Übungsleiter Seoane, der im Spiel seiner Mannschaft vor allem „Fluss und Rhythmus“ vermisste, bereits Grundsätzliches an.

Leverkusen sei ambitioniert, aber das erzeuge intern und medial einen gewissen Druck, erklärte der 43-Jährige. Aktuell fehle die notwendige Ruhe und Klarheit, analysierte Seoane noch – und schlug deshalb als Mittel gegen die akuten Beschwerden vor: „Jetzt ist es umso wichtiger, einfacher zu werden und die Sache nicht zu erschweren.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.