Konsum bricht ein: Düstere Aussichten

Wegen weiterhin hoher Preise halten sich Ver­brau­che­r*in­nen beim Lebensmittelkauf zurück. Im zweiten Halbjahr könnte es noch schlimmer werden.

Passanten gehen an einem Modegeschäft vorbei.

Konsumklima eisig: Handel erleidet größten Umsatzeinbruch seit 1994 Foto: Carsten Koall/dpa

BERLIN taz | Noch gibt es keine handfeste Krise in Deutschland. Die Wirtschaftskraft schrumpfte im zweiten Quartal laut Statistischem Bundesamt um 0,4 Prozent, aus Ökonomensicht stagniert die Wirtschaft damit. Doch einige Branchen trifft es jetzt schon hart.

Der deutsche Einzelhandel verzeichnete im Juni einen realen Umsatzeinbruch um 8,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Das ist der stärkste Umsatzeinbruch seit 28 Jahren, teilte das Statistische Bundesamt mit. Einschließlich der Preiserhöhungen (nominal) nahm der Umsatz lediglich zwar um 0,8 Prozent ab, für den Einzelhandel ist das dennoch wenig beruhigend. Dem Einzelhandel sagen Ökonomen für die zweite Jahreshälfte weitere schwierige Zeiten voraus.

Die hohe Inflation ist nach Angaben der Wiesbadener Statistiker der Grund für die allgemeine Kaufzurückhaltung. Lebensmittel wurden im Vergleich zum Juni 2021 um fast 12 Prozent teurer. Bei einer Inflationsrate von zuletzt mehr als 7 Prozent kämpfen viele Ver­brau­che­r*in­nen derzeit mit entsprechend hohen Realeinkommensverlusten.

Denn abgesehen von einigen Sonderzahlungen sind die meisten Löhne bislang nicht im ähnlichen Ausmaß gestiegen. Viele Tarifauseinandersetzungen stehen noch bevor. Haupttreiber der Inflation sind wiederum die hohen Energiepreise im Zuge des Ukrainekrieges.

Vor allem bei Nahrungsmittel wird gespart

Gespart wird vor allem bei Waren des täglichen Bedarfs. Der Lebensmitteleinzelhandel verbuchte reale Rückgänge zum Vormonat von einem Minus von 1,6 Prozent, zum Vorjahresmonat gar ein Minus von 7,2 Prozent. Das deckt sich auch mit den Erkenntnissen des Marktforschungsunternehmens GfK, das regelmäßig Ver­brau­che­r*in­nen befragt. So seien in den Monaten Januar bis Mai 8,2 Prozent weniger Fleisch- und Wurstwaren, 8,5 Prozent weniger frisches Obst oder Gemüse und 7 Prozent weniger Backwaren gekauft worden.

Der Umsatz mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren betrug im Juni dem Statistischen Bundesamt zufolge 5,4 Prozent weniger als im Vormonat. Auch der Internethandel, der in der Corona-Pandemie geboomt hatte, lag deutlich im Minus. Bei Reisen werde in diesem Sommer dagegen nicht gespart. Die Buchungszahlen für private Urlaubsreisen sind dem GfK zufolge in der aktuellen Sommersaison vergleichbar mit dem Vor-Pandemie-Jahr 2019, teils gingen sie sogar darüber hinaus. Die Reiseausgaben sind allerdings ungleich verteilt. Mehr als jeder Fünfte in Deutschland kann sich Daten von Eurostat zufolge nicht einmal eine Woche Urlaub im Jahr leisten, unter Alleinerziehenden ist es fast jeder Zweite.

„Das war nicht die letzte schlechte Konsumnachricht“, sagt der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG, Alexander Krüger. Die Gasumlage – die für viele Deutsche spätestens im Herbst einen neuerlichen Preisschub bedeutet – dürfte den Konsum noch weiter beschneiden. Wirtschaftsminister Robert Habeck bezifferte die Mehrkosten auf mehrere Hundert Euro pro Haushalt.

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