Baerbock in Athen und Ankara: Bisweilen Klartext

In der Türkei findet die Außenministerin kritische Worte. Selbige wären auch in Griechenland nötig gewesen – in der Frage der Pushbacks.

Annalena Baerbock vor einer Zettelwand.

Hält eigentlich nichts von Plattitüden im diplomatischen Umgang: Außenministerin Baerbock in Ankara Foto: Burhan Ozbilici/ap

Annalena Baerbock hält nichts davon, im diplomatischen Umgang nur Plattitüden auszutauschen. „Klartext, dass die Ohren schmerzen“, sollte vor allem unter Freunden dazugehören. Diesem Grundsatz blieb sie bei ihrem Antrittsbesuch in Griechenland und der Türkei vor allem in Istanbul treu. Und ja, es ist gut, dass Baerbock nicht nur hinter verschlossenen Türen die Freilassung des Menschenrechtsaktivisten Osman Kavala forderte und die Türkei vor einem neuerlichen Einmarsch in Nordsyrien warnte.

Es war auch richtig, mit Ver­tre­te­r:in­nen der Opposition und einer Fraueninitiative, die gegen Femizide kämpft, zu sprechen. Allerdings war bei näherem Hinsehen ihr Klartext doch ziemlich selektiv. Es geht ja darum, wo und wie man in der Außenpolitik etwas erreichen kann. Die Freilassung von Kavala gehört sicher nicht dazu. Das hat Präsident Tayyip Erdoğan mehrfach klargestellt. Dasselbe gilt für Nordsyrien.

Sowohl die Russen als auch die Amerikaner haben Erdoğan dringend davon abgeraten, in Nordsyrien militärisch aktiv zu werden. Damit war die Sache bereits entschieden, und es gehört nicht viel dazu, sich der Auffassung der Großmächte anzuschließen. Wo Baerbock aber etwas bewegen kann, ist beim Verhältnis zwischen Griechenland und der Türkei.

Sich hier vollmundig der griechischen Position zu den jahrzehntealten Auseinandersetzungen um Hoheitsgebiete und Ausbeutung von Bodenschätzen in der Ägäis und im Mittelmeer anzuschließen, ist zwar Klartext, doch politisch gesehen mindestens unterkomplex. Und da, wo sie wirklich etwas hätte ausrichten können, bei der Frage der illegalen Pushbacks von Flüchtlingen durch die griechische Küstenwache und Frontex, war es dann ganz aus mit dem Klartext.

Anstatt die Gelegenheit zu nutzen und den griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis mit den systematischen und politisch gewollten Pushbacks zu konfrontieren, dimmte sie den Skandal zu „Einzelfällen“ herunter, denen man nachgehen müsse. Alles andere hätte auch vermutlich echten Ärger mit Brüssel und in der heimischen Koalition gegeben.

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