Prioritäten in der Energie-Krise: Schwimmenlernen ist Daseinsvorsorge

Die Kreisstadt Uelzen schließt wegen der Energie-Krise ihr Hallenbad. Dabei mahnt der DLRG, zumindest die Schwimmlern-Becken offen zu halten.

Ein Junge und zwei Mädchen schwimmen in einem Hallenbad-Becken

Alle Kinder sollen in der Grundschule schwimmen lernen, dafür müssen Hallenbäder offen bleiben Foto: dpa/Sven Hoppe

HAMBURG taz | Nun ist es so weit. Mit Uelzen hat eine Stadt bekanntgegeben, ihr Hallenbad im Winter zu schließen. Dabei gibt es dort eine wunderschöne 50 Meter Bahn. Nichts zu machen, teilten die Stadtwerke mit. Das Ding im Winter zu beheizen sei zu teuer. Man habe „alle Optionen geprüft“ und nur „schweren Herzens entschieden“ beteuert der Geschäftsführer.

Als Grund nennt er die hohen Preise und den Gas-Notfallplan der Europäischen Union, der jedem Mitgliedstaat auferlegt, 15 Prozent Gas einzusparen. Heißt in Uelzen: 100-Prozent-Hallenbad-Schließung. Mit der eingesparten Energie bekomme man 500 Wohnungen warm.

Die Frage ist, ob die Stadtoberen nicht lieber ein paar warme Pullover mehr austeilen und andere Prioritäten setzen sollten. Denn Schwimmenlernen ist wichtiger Teil der Daseinsvorsorge. Gerade erst wies die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) darauf hin, dass von Januar bis Ende Juli dieses Jahres 199 Menschen in deutschen Gewässern ertrunken sind. Das sind 15 mehr als im Vorjahreszeitraum. Die meisten starben in Seen und Flüssen, die es nun mal überall gibt. Neben Selbstüberschätzung und übermütigem Handeln, so mahnte die DLRG, führe auch mangelnde Schwimmfähigkeit zum Ertrinken.

Um die steht es nach zwei Jahren Pandemie ohnehin nicht gut. „Es gibt Kinder, die haben noch nie ein Schwimmbad von innen gesehen“, sagt ein DLRG-Sprecher. Dieser Stau an Schwimmkursaspiranten werde nicht abgebaut, wenn wieder Bäder schließen. Auch wurden nur halb so viele Rettungsschwimmer ausgebildet wie früher, die an den Seen gebraucht werden.

Kälteres Wasser, aber offene Becken

Die DLRG appellierte deshalb in einem Offenen Brief an den Bundeskanzler, die Schwimmbäder in der Energiekrise „so lange wie möglich zu betreiben“. Sollten wieder viele Bäder dicht machen, warnt auch der Betreiberverband „Bäderallianz“, könnte es gar zu langfristigen Schließungen kommen, weil das Personal abspringt.

Bäder gelten als meistgenutzte Sportstätte der Bevölkerung. Nehmen wir also ernst, dass sie wichtig fürs Soziale und die Gesundheit sind, verbietet sich so ein Bäder-Lockdown. Zumal es ja Alternativen gibt. Bäderallianz und DLRG legten einen „Drei-Stufen-Plan“ vor, mit dem die Bäder ihren Beitrag zum Energiesparen leisten können. Der heißt: erst warme Außenbecken, dann Freizeitbecken und Saunen außer Betrieb zu nehmen, und als erst dritten Schritt in den Becken für Sport und Schwimmenlernen die Temperatur auf 26 Grad senken. Aber offen lassen.

Das muss auch sein, damit die Kultusminister Wort halten können: Sie haben 2019 versprochen, dass jedes Kind bis zum Ende der Grundschule sicher schwimmen lernen soll. Und das, liebe Uelzener Stadtwerke, geht nur während der Schulzeit im Winter.

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Jahrgang 1964, seit 1992 Redakteurin der taz am Standort Hamburg für Bildung und Soziales. Schwerpunkte Schulpolitik, Jugendhilfe, Familienpolitik und Alltagsthemen.

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