Bodenpersonal der Lufthansa erkämpft spürbar höhere Löhne

Von der Tarifeinigung des Luftfahrtkonzerns mit Verdi profitieren vor allem untere Einkommensgruppen

Rund 5.000 neue Mit­ar­bei­te­r:in­nen will der Kranich-Konzern bis Ende dieses Jahres einstellen

Von Pascal Beucker

Der Tarifkonflikt ist beigelegt. Nach einem eintägigen Warnstreik in der vergangenen und zweitägigen Verhandlungen in dieser Woche hat sich die Lufthansa am späten Donnerstagabend mit Verdi geeinigt. Das Ergebnis: Die Löhne für die rund 20.000 Bodenbeschäftigten werden spürbar steigen – nicht so hoch, wie es die Gewerkschaft gefordert, aber deutlich höher, als es die Konzernführung zuvor angeboten hatte.

Der neue Tarifvertrag, der eine Laufzeit von 18 Monaten hat, besteht aus einem Mix aus Festgeldkomponenten und prozentualer Steigerung: Rückwirkend zum 1. Juli erhalten die Bodenbeschäftigten einen zusätzlichen monatlichen Festbetrag von 200 Euro. Ab 1. Januar 2023 gibt es weitere 2,5 Prozent, mindestens aber 125 Euro. Schließlich folgt am 1. Juli 2023 eine Gehaltssteigerung um nochmals 2,5 Prozent. Zudem wurde vereinbart, dass die diversen Lufthansa-Gesellschaften ab dem 1. Oktober – wenn der gesetzliche Mindestlohn auf 12 Euro steigt – einen Stundenlohn von mindestens 13 Euro zahlen.

„Das ist ein gutes Ergebnis, das quer durch alle Beschäftigtengruppen eine Erhöhung von monatlich mindestens 377 Euro bis zu 498 Euro bedeutet“, sagte die Verdi-Vizevorsitzende und -Verhandlungsführerin Christine Behle. Auch die Lufthansa zeigte sich mit dem Tarifabschluss zufrieden. „Damit werden wir der sozialen Verantwortung für unsere Beschäftigten gerecht und sichern unsere Attraktivität als Arbeitgeber“, sagte Personalvorstand und Arbeitsdirektor Michael Niggemann.

Durch die starke Festgeldkomponente profitieren überproportional die unteren Einkommensgruppen vom neuen Abschluss. Wer bisher mit einem Bruttogehalt von 2.000 Euro nach Hause gegangen war, kann sich nun über eine Lohnerhöhung von insgesamt 19,2 Prozent freuen. Das klingt sehr viel. Aber es relativiert sich schnell angesichts der dramatisch steigenden Lebenshaltungskosten. Da wird man auch mit 2.384 Euro brutto keine großen Sprünge machen können.

Wer bei der Lufthansa für die Passagier-, Gepäck- oder Frachtabfertigung zuständig ist, verdient zwar nicht allzu viel – aber er oder sie ist systemrelevant. Das haben nicht nur die Bodenbeschäftigten mit ihrem Warnstreik in der vergangenen Woche bewiesen, der für mehr als 1.000 Flugausfälle sorgte. Auch die seit Juni mehr als 7.000 Flüge, die aufgrund von Personalmangel gestrichen werden mussten, sind dafür ein Beleg.

In der Coronakrise hat die Lufthansa massiv Personal abgebaut, bei den Bodenbeschäftigten beinahe ein Drittel. Das rächt sich jetzt, wo der Flugbetrieb wieder in alte Höhen gebracht werden soll. Denn dafür bräuchte sie das Personal, das sie abgebaut hat. Doch die, die gehen mussten, haben zum großen Teil inzwischen etwas Besseres gefunden. Die Folge ist das gegenwärtige Chaos aus reduziertem Flugbetrieb, Flugplanänderungen und langen Wartezeiten verärgerter Pas­sa­gie­r:in­nen sowie einer überlasteten Belegschaft.

Rund 5.000 neue Mit­ar­bei­te­r:in­nen will der Kranich-Konzern bis Ende dieses Jahres einstellen, die gleiche Anzahl im folgenden Jahr. Ein Schwerpunkt ist dabei die Aufstockung des Bodenpersonals. Doch dafür müssen die Arbeitsplätze lukra­ti­ver werden. Das scheint die Lufthansa-Spitze inzwischen erkannt zu haben.