Chinas Manöver vor Taiwan: Es bleibt gefährlich

Peking testet mit seinem Manöver vor Taiwans Küste, wie es um die Unterstützung des Inselstaates wirklich bestellt ist. Auch in Deutschland ist sie brüchiger als gedacht.

Eine Werbetafel der chinesischen Armee an einer Hauswand in Peking

Peking am 1. August: Chinas „Volksbefreiungsarmee“ feiert sich auf einer Werbetafel Foto: Mark R. Cristino/epa

Die Welt atmet auf. Nach Wohlfühlterminen mit taiwanischen Spit­zen­po­li­ti­ke­r*in­nen in Taipeh ist Nancy Pelosi nicht einmal 24 Stunden später nach Südkorea weitergedüst. China hat nicht, wie von Scharfmachern gefordert, Kampfjets in Richtung Pelosis Maschine geschickt oder gar das Flugzeug der Vorsitzenden des Repräsentantenhauses abgeschossen. Eine militärische Auseinandersetzung zwischen den beiden Supermächten ist ausgeblieben. Gefahr gebannt? Mitnichten. Peking übt nun Vergeltung an Taiwan.

Seit Donnerstagmorgen feuert die chinesische Armee Raketen über den Luftraum des demokratischen Inselstaates, den das autoritäre China als sein Territorium ansieht. Kriegsschiffe haben die Insel umringt und nähern sich bis auf wenige Kilometer der taiwanischen Küste. Zwar scheint die Führung in Peking es nicht darauf anzulegen, Taiwan direkt zu beschießen. Die Lage ist dennoch gefährlich. Nur eine vom Kurs abgekommene Rakete könnte einen Flächenbrand entfachen. Taiwan ist hochgerüstet. Und auch Japan, mit dem China sich streitet, ist nervös.

Was den Konflikt auf eine neue Stufe stellt: Peking hat seinen Militärapparat so massiv aufgefahren, dass Taiwans Behörden Frachter davor warnen, Taiwan anzusteuern. Auch Passagierflugzeuge sollen die Insel nicht anfliegen. Auch wenn die Manöver nur bis Sonntag andauern sollen, demonstriert Peking, dass sein Militär imstande ist, die gesamte Insel zu blockieren.

China droht Taiwan mit Handelskrieg. Allein dessen Auswirkungen wären erheblich. Fast die Hälfte aller Containerschiffe weltweit fährt durch die Taiwanstraße. Diese Schiffe haben wichtige Güter an Bord: Gas, elektronische Geräte, vor allem die so wichtigen Halbleiter, von denen die besten aus Taiwan kommen.

Peking testet damit zugleich, wie es um die Unterstützung Taiwans wirklich bestellt ist. Und diese ist auch in Deutschland brüchiger als gedacht. Bundesaußenministerin Baer­bock hat sich zwar hinter Pelosi und ihren Taiwanbesuch gestellt. Die Sozialdemokraten verhalten sich aber auffällig still. Ein Wirtschaftskrieg mit China würde die deutsche Volkswirtschaft heftiger treffen als die von Russland ausgelöste Gaskrise. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine viel beschworene Solidarität angesichts wirtschaftlicher Interessen erstaunlich schnell verblasst.

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war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.

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