Rechte Stimmungsmache in Italien: Auf fruchtbaren Boden

Italiens Rechtspopulisten hetzen gegen die vermeintlich kriminellen Zuwanderer. Dabei zeigt die Verbrechensstatistik einen stetigen Rückgang.

Giorgia Meloni mit Mikrofon auf einer Bühne.

Hetze aus dem rechten Lager: Giorgia Meloni beim Wahlkampf für ihre Partei Fratelli d’Italia Foto: Piero Tenagli/ipa/imago

War es ein rassistischer Mord auf offener Straße? Ein Mord zudem, der nur angesichts der Gleichgültigkeit der Umstehenden möglich war? Ebenso ratlos wie schockiert blickt Italiens Öffentlichkeit auf die Bluttat von Civitanove Marche, bei der ein Italiener einen Nigerianer mit bloßen Händen tötete. Auf keine der beiden Fragen gibt es eine abschließende Antwort.

Der Täter war vorher nie wegen rechtsextremer Positionen aufgefallen, wohl aber wegen psychischer Störungen. Und einer der Tatzeugen machte geltend, nur zwei ältere Männer, eine alte Dame, ein Mädchen seien direkt vor Ort zugegen gewesen – und kei­ne*r habe es gewagt einzugreifen. Nicht Gleichgültigkeit, sondern Angst vor der „Furie“ habe sie abgehalten.

Überdeutlich aber brachte der Mord die verbreitete Feindseligkeit zum Vorschein, die Mi­gran­t*in­nen vor allem aus außereuropäischen Ländern in Italien entgegenschlägt. Zwar beschränken sich Matteo Salvini und Giorgia Meloni, die beiden An­füh­re­r*in­nen der populistisch-fremdenfeindlichen Rechten, darauf, ganz generell die angeblich „mangelnde Sicherheit“ auf den italienischen Straßen zu beklagen. Doch ihre Gefolgschaft versteht den Subtext sofort.

Ein Nigerianer wurde erschlagen – doch Hunderte Follower der beiden rechten Frontrunner posten hasserfüllte Kommentare gegen Migrant*innen. „Wie viele italienische Mädchen wurden durch Ausländer vergewaltigt, während alle schweigen?“ gehört da noch zu den harmloseren Fragen. „Die (Migrant*innen) treiben ihre Spiele auch noch mit ihren Toten, und danach kriegen sie jedwede Hilfe“, geifert ein anderer.

Solche Kommentare zeigen, dass Melonis und Salvinis Saat aufgegangen ist. Vorneweg steht ihre Kernbehauptung, Italien werde durch den Zustrom von Mi­gran­t*in­nen immer unsicherer. Wahr ist das Gegenteil: Die Kriminalitätsstatistiken kennen seit Jahren nur eine Richtung: nach unten. Doch die Propaganda der Rechten hat sich erfolgreich von der Realität entkoppelt – und daran wird auch der Mord von Civitanove Marche nichts ändern.

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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