Mehrweg-Kampagne in F'hain-Kreuzberg: Mühsam nährt sich der Mehrweg-Fan

In Friedrichshain-Kreuzberg läuft eine Kampagne gegen Einweg-Essensverpackungen. Bürgermeisterin Clara Herrmann setzt auf Überzeugungsarbeit.

Stencil-Graffiti auf Straße "Frag nach Mehrweg!"

Auch Guerilla-Advertising soll Lust auf Mehrweg machen Foto: BA Friedrichshain-Kreuzberg

BERLIN taz | „Keep The Hood Looking Good“ steht auf einem Banner, das das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg am Boxhagener Platz aufgehängt hat – also quasi eine zeitgemäße Version von „Unser Kiez soll schöner werden“. Erklärt wird auch auf Englisch, was das bedeutet: „Avoiding Waste“, also Müllvermeidung, vor allem durch Verzicht auf Einwegverpackungen. Und beim „Disposal of Waste“, der Entsorgung, sollen BesucherInnen bei vollen Mülleimern ihre Hinterlassenschaften mitnehmen und nicht etwa daneben stellen.

Die Infos gibt es natürlich auch auf Deutsch, schließlich sind es nicht nur TouristInnen, die mit Biergelagen oder Take-away-Picknicks für ein massives Müllproblem in Grünanlagen und auf Spielplätzen sorgen. Und zwar kein rein ästhetisches: Der Bezirk gibt aktuell rund 650.000 Euro im Jahr für die Reinigung aus, 200.000 Euro mehr als noch 2016.

„Diese Vermüllung ist ein besonders emotionales Thema“, sagt Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) auf einer Pressekonferenz am Montag, „kaum ein anderes Anliegen wird so häufig an mich und das Bezirksamt herangetragen.“ Untätig ist man im Rathaus an der Frankfurter Allee aber nicht, im Gegenteil: Seit einigen Jahren wird eine eigene Zero-Waste-Politik betrieben. Jetzt zogen Herrmann und die MacherInnen der im Januar gestarteten und noch bis November laufenden Kampagne „Frag nach Mehrweg!“ Zwischenbilanz.

Tätig wird die Kampagne rund um zwei Müll-Hotspots: dem „Boxi“ und der Kreuzberger Admiralbrücke. In den benachbarten Straßen wurden mittlerweile 290 Gastronomiebetriebe angesprochen und je nach Bedarf zu Mehrweglösungen beraten, berichtet Maximilian Maraucher von der Kommunikationsagentur „New Standard Studio“, die vom Bezirk beauftragt wurde. Bislang, so Mauracher, hätten 14 Betriebe Mehrweglösungen eingeführt, 8 stünden in den Startlöchern.

Im Pool oder individuell

Dabei kann es sich um „Pool-Lösungen“ handeln – mit Mehrweg-Geschirr von Anbietern wie „Rebowl“ oder „Vytal“, das von mehreren Restaurants und Cafés ausgegeben und zurückgenommen wird –, aber auch um individuelle Angebote des jeweiligen Lokals. Auch mitgebrachtes eigenes Geschirr kann befüllt werden. Empfänglich für so etwas sind vor allem StammkundInnen, wie Isabella und Florian Eicker von „Poke Pelelina“ im Graefekiez berichten.

Teil zwei der Kampagne ist die Öffentlichkeitsarbeit mit Bannern und Postern, aber auch Events an den Hotspots, etwa unter dem Motto „Mehrweg, Mucke, Margherita“. Letztere ist allerdings ein Stichwort für die Grenzen des Goodwills: Einen Mehrweg-Pizzabehälter gibt es zwar schon – auf der Pressekonferenz wird er gezeigt -, ob er sich mit den unterschiedlichen Formaten der belegten Scheiben verträgt und ob der Kunststoff genügend atmet, sodass das leckere Stück halbwegs kross bleibt, sei dahingestellt.

Für traditionelle Pizza-Pappkartons wird übrigens auch die 2023 bundesweit in Kraft tretende Pflicht zum zusätzlichen Angebot einer Mehrwegoption nicht gelten – dazu müsste die Verpackung Plastik enthalten. Für Betriebe unter 80 Quadratmetern gilt die Pflicht im Übrigen auch nicht. „Ich würde mir schon ein strengeres Gesetz auf Bundesebene wünschen“, sagt Clara Herrmann. Vorerst setzt sie auf positive Pädagogik: „Ohne dass wir Sensibilität für das Thema erzeugen, wird es nicht funktionieren.“

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