Zwei Kugeln in der Waffel mit Sahne

Der Sommer knackt, prickelt und zischt wie ein Kaktuseis: Die Kulturredaktion geht Eis essen

Kappukino

Früher, als es noch nicht an jeder Ecke Designer-Eisboutiquen gab, in denen man 20 Euro pro Kugel bezahlt, gut vielleicht ein bisschen weniger, aber auch 2 Euro für eine Kugel sind ein stolzer Preis, früher jedenfalls, als diese Dinge hierzulande nicht zum Alltag gehörten, ging für einen als Kind von den Langnese-Eistafeln noch eine magische Wirkung aus. Besonders verheißungsvoll dieser hochaufragende tief dunkelbraune Becher mit Namen Cappuccino, was sich im Alter von sieben Jahren „Kappukino“ aussprach, bis jemand mit besseren Italienischkenntnissen für Aufklärung sorgte. Oben gleich unter dem Pappdeckel eine Schicht leicht verklebtes Kakaopulver, darunter so etwas wie Vanilleeis, durchzogen von karamell­artiger Creme mit leichtem Kaffeegeschmack. Für einen Jungen aus dem Norden, mit Tee gesäugt, hatte das einen Reiz des Exklusiven. Veganes Grüner-Tee-Eis aus Sojamilch lag da noch in weiter Ferne. Tim Caspar Boehme

Knack, krach, zisch

Eis ist ein stilles Lebensmittel. Schlecken macht wenig Geräusche. Doch Seltenheit ziert, und so kommt die erfrischendste Ausnahme in Gestalt des Kaktuseises daher. Das Fruchteis wird oben von einer grünen Schicht mit Punkten ummantelt, die hinten im Gaumen ein schwer einzuordnendes Zischen und Prickeln lostritt. Geschmacklich bleibt das Kaktuseis bescheiden, Glukosesirup, Glycerin und Lecithine imitieren das Aroma von zuckrigem Kaugummi. Doch wer Sound für ein dürftiges Kaufargument hält, irrt. Eine ganze Riege an Gastro-Akustik-Designern verdient immerhin ihre Brötchen damit, perfekte Knack-, Krach- und Zischgeräusche heranzuzüchten. Dass die ihren Job verstehen, weiß jeder, der mal in einen feuchten Kartoffelchip gebissen hat. Julia Hubernagel

Eis und Hund

Zum Süßen soll es auch etwas zum Gucken geben. Also auf zum Eisdealer an dem kleinen Platz in Berlin-Schöneberg, an dem ein Brunnen die Kinder zum Spielen lockt. Sie planschen durch die Wasserrinne, klettern über die felsige Skulptur, fallen auch schon mal ins Becken und heulen. Ich schlecke also und gucke, da legt mir ein kleiner Hund seinen vollgespeichelten Ball vor die Füße. Echt jetzt, ich soll mitspielen? Ich kann nicht werfen, schon gar nicht mit Eishörnchen in der Hand. Der Hund flitzt um mich rum, legt sich vor mir auf den Bauch, grinst mich an. Okay, denke ich, ich kann den Ball ja wegkicken. Ich stehe also auf, hole aus, trete ungeübt gegen den Ball, der hoppelt einen Meter weit, der Hund ist glücklich und ich habe eine Zerrung im Oberschenkel.

Katrin Bettina Müller

Alte Bundesrepublik

Das beste Eis gab es in meiner Jugend in Kiel bei „Chiesa“, wir aber kauften immer bei „Eis-Meyer“, weil dort die Kugeln am größten waren. Manchmal denke ich: In den Namen dieser beider Eisdielen steckt ein ganzer Roman über die alte Bundesrepublik. Dirk Knipphals

Das beste Eis des Lebens

Ich gehe nur in Italien Eis essen. Vermutlich frühkindliche Prägung: meine Eltern sind sparsame Menschen und wir sind so gut wie nie Eis essen gegangen, nur eben im Urlaub. Vielleicht war auch damals schon das Eis in Italien einfach billiger als bei uns. Zumindest zahlt man für leckeres Eis 2022 in Cuneo 3,50 Euro – für drei Kugeln. Wohingegen in Berlin das Eis nach Aussagen der Kol­le­g*in­nen das Doppelte kostet. Die drei jugendlichen Mitreisenden sind gleich viermal Eis essen gegangen und nach ihren Aussagen sei es das beste Eis gewesen, das sie in ihrem Leben gegessen hätten. Elke Eckert

Maracuja-Mango und Vanille

Damals, mit 14, hitzefreiartige Sonne am Dortmund-Ems-Kanal, ich hatte noch schnell vom Freibad-Kiosk mein erstes Solero gecheckt – und hui: Maracuja-Mango und Vanille! Seither ist das Gediegene von Vanille mit der spitzen Fruchtigkeit von Mango und Maracuja für mich eine ewige Geschmackskombi. Selten ringe ich mich zu anderen Sorten durch, um dann aber wieder festzustellen: Solero ist mein Geschmackskonservativismus. Sophie Jung