Verhandlungen zwischen Ruanda und Kongo: Vergebliche Friedensmühen

Die Verhandlungen zwischen Ruanda und Kongo sind von vornherein zum Scheitern verurteilt. Tshisekedis Möglichkeiten sind zu eingeschränkt.

Der kongolesische Präsident Felix Tshisekedi am Schreibtisch sitzend

Würde gern, wenn er nur könnte, Ostafrika friedliche Zeiten bescheren: Kongos Präsident Tshisekedi Foto: Michael Brochstein/imago

Die ganze Region hielt den Atem an, als Kongos Präsident Felix Tshisekedi am Tag vor dem Treffen mit seinem ruandischen Amtskollegen das Wort „Krieg“ in den Mund nahm. In seinem letzten Interview wollte er noch einmal Stärke zeigen, bevor er ins Flugzeug stieg, um im Nachbarland Angola unter der Vermittlung von Präsident João Lourenço seinen ruandischen Amtskollegen Paul Kagame zu treffen.

Die Stille, die daraufhin auf allen Kanälen eintrat, auch auf Twitter wo der Propagandakrieg seit Wochen in lauten Tönen befeuert wird, war unheimlich. Allen ist bewusst: Die gesamte Region steht unmittelbar in Gefahr, in einen neuen Kongokrieg mit hineingezogen zu werden.

Das Problem ist: Tshisekedi agiert aus einer Position der Schwäche. Denn im Kongo herrscht Wahlkampf und alle müssen sich strategisch positionieren. Tshisekedi sitzt nicht fest im Sattel. Er hat die letzten Wahlen nämlich gar nicht gewonnen, sondern wurde von Ex-Präsident Joseph Kabila an die Macht gehievt. Der Westen hat damals ein Auge zugedrückt.

Tshisekedi war die weniger schlimme Alternative in Anbetracht der drohenden Gewaltspirale durch ein Machtvakuum. Doch es war klar: Das Problem war damit nicht aufgehoben – nur vertagt. Inzwischen zieht Kabila im Hintergrund erneut die Fäden. Er will 2023, wenn in der Demokratischen Republik gewählt wird, selbst wieder vorn mitspielen. Seine Generäle in der Armee versuchen derzeit Tshisekedi politische Anstrengungen zu sabotieren.

Dazu gehört auch die Integration in die Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC) und eine gute Nachbarschaft mit Ruanda. Solange der Präsident in seinem eigenen Land daran scheitert, das umzusetzen, was er zugesagt hat, wird es keinen Frieden geben. Statt der vereinbarten Feuerpause, um Verhandlungen mit den M23 anzustrengen, bombardiert Kongos Armee ihre Stellungen. Die M23 sagt wiederum, sie habe nichts unterzeichnet und kämpft ebenso weiter.

Die Umsetzung des beschlossenen Friedens-Fahrplans scheitert also bereits am ersten Tag. Dabei hätte alles so gut laufen können. Als Tshisekedi im April seine Unterschrift unter den EAC-Vertrag gesetzt hatte, hing in der ganzen Region ein Hauch von Aufbruchstimmung in der Luft. Vom Atlantik bis zum Indischen Ozean sollte der Kontinent zusammenwachsen, wirtschaftliche Entwicklung durch Handel mit dem Kongo sollte dem krisengeplagten Herzen des Kontinents Frieden bringen. Keine drei Monate später ist die Stimmung schlimmer als je zuvor.

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Simone Schlindwein, Jahrgang 1980, lebt seit 2008 in Uganda und ist taz-Korrespondentin für die Region der Großen Seen: DR Kongo, Ruanda, Burundi, Uganda, Zentralafrikanische Republik, Südsudan. Von 2006 bis 2008 war sie u.a. Moskau-Korrespondentin des Spiegel. Für ihre Arbeit wurde sie u.a. mit dem Journalistenpreis »Der lange Atem« sowie dem Otto-Brenner-Preis ausgezeichnet. Zuletzt veröffentlichte sie die Bücher »Diktatoren als Türsteher Europas« (mit Christian Jakob) und »Tatort Kongo« (mit Dominic Johnson und Bianca Schmolze).

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