Vorstoß des Innenministeriums: Thüringen will AfD entwaffnen

Das Innenministerium weist die Waffenbehörden an, AfD-Mitgliedern Waffenerlaubnisse zu entziehen – weil die Partei als rechtsextrem eingestuft ist.

Eine Person gestikuliert , davor eine Menschenmenge

Thüringens Afd um Björn Höcke werden verfassungsfeindliche Tendenzen nachgewiesen Foto: Bildgehege/imago

ERFURT/BERLIN taz | Das Innenministerium in Thüringen will Mitgliedern der Landes-AfD konsequent Waffen entziehen. In einem aktuellen Rundschreiben an die Waffenbehörden werden diese aufgefordert, gegen AfD-Mitglieder, die etwa als Jäger oder Sportschützen Waffenerlaubnisse besitzen, Widerrufsverfahren einzuleiten. „Wir halten uns nur an Recht und Gesetz und setzen das Waffengesetz durch“, sagte Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) der taz.

In dem Schreiben, das der taz vorliegt, werden die Waffenbehörden darauf hingewiesen, dass die Thüringer AfD um Björn Höcke bereits im März 2021 vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung eingestuft wurde. Der Thüringer Schritt ist bisher bundesweit einmalig. Anderenorts wird die Partei nur als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet.

Mit der Thüringer Einstufung der AfD als klar rechtsextrem erfülle eine Mitgliedschaft in dem Landesverband nun ein Unzuverlässigkeitskriterium nach dem Waffengesetz, vermerkt das Innenministerium. Gegen AfD-Mitglieder, die waffenrechtliche Erlaubnisse besäßen, seien „daher grundsätzlich entsprechende Widerrufsverfahren einzuleiten“. Über das Schreiben hatte zuerst der Spiegel berichtet.

Die Thüringer AfD reagierte pikiert auf den Vorstoß. Wie viele Thüringer AfD-Mitglieder überhaupt legal Waffen besitzen, darüber konnte ein Parteisprecher auf taz-Nachfrage keine Angaben machen. Stefan Möller, Co-Landeschef neben Höcke, klagte aber, es gehe darum „Oppositionelle zu schikanieren“. Das Waffenrecht als „politisches Nebenstrafrecht“ einzusetzen, „stößt bei uns auf schwere Ablehnung“. Die Aktion schließe an den Versuch der „Existenzvernichtung“ von Beamten mit AfD-Mitgliedschaft an. SPD-Fraktionschef Matthias Hey erklärte dagegen: „Wer sich in rechtsextremen Gruppierungen bewegt, darf sich nicht wundern – sowas kommt von sowas. Ich persönlich find's klasse!“

59 „Reichsbürger“ entwaffnet

Seit einer Gesetzesverschärfung 2020 sind Waffenbehörden verpflichtet, beim Verfassungsschutz abzufragen, ob Antragsteller für Waffenerlaubnisse als Extremisten bekannt sind. Dies gilt auch für Überprüfungen in der Folgezeit.

Thüringens Innenministerium sieht das Vorgehen gegen die AfD als Teil eines konzertierten Vorgehens zur Entwaffnung der rechtsextremen Szene in dem Bundesland. Das Ziel: „keine Waffen in den Händen von Extremisten“.

Dafür traf sich bereits im Juni das Ministerium mit den Waffenbehörden, dem Landesamt für Verfassungsschutz, dem Landesverwaltungsamt und der Polizei. Im Verwaltungsamt soll nun eigens eine Arbeitsgemeinschaft „Waffen und Extremisten“ eingerichtet werden, welche die Waffenbehörden bei der Bearbeitung von Verdachtsfällen unterstützen soll. Das Verwaltungsamt soll wiederum zu jedem Quartalsende dem Verfassungsschutz Berichte vorlegen und dieser die Waffenbehörden intensiver über seine Erkenntnisse informieren.

Das Innenministerium verweist auf Erfolge etwa bei der Entwaffnung von Reichsbürgern. So seien in den vergangenen Jahren in Thüringen 59 „Reichsbürgern“ waffenrechtliche Erlaubnisse entzogen und 13 Anträge von Szeneangehörigen auf Waffenerlaubnisse abgelehnt worden.

Zuletzt hatte auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) eine Entwaffnung der rechtsextremen Szene angekündigt. „Waffen in den Händen von Rechtsextremisten sind eine Gefahr“, heißt es in ihrem Aktionsplan vom März. Diesen Waffenbesitz wolle man „wirksam verhindern“. Bis heute aber legte das Innenministerium noch kein konkretes Konzept oder einen Gesetzentwurf dafür vor.

Aktualisiert am 7. Juli 2022 um 14:15 Uhr. Ergänzt wurden Reaktionen von Landespolitikern der AfD. d. R.

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