Sieg der Kohlelobby

Das oberste Gericht der USA kippt die Klimapolitik des Präsidenten

Das Gericht ernennt sich selbst – und nicht den Kongress oder die zuständige Behörde – zum Entscheidungsträger in der Klimapolitik. Ich kann mir nicht viele Dinge vorstellen, die angst­einflößender sind“, schrieb die liberale Richterin Elena Kagan nach der Entscheidung ihres eigenen, des Obersten Gerichts der USA. Was war passiert? Der Supreme Court hatte am Donnerstag in Washington entschieden, dass weitreichende Regeln zur Begrenzung von Klimagasen die Befugnisse der US-Umweltbehörde Epa überschreiten. Hintergrund ist eine Klage der Kohlelobby. Für die USA dürfte es jetzt schwer werden, ihre Klimaziele zu erreichen. Selbst die UNO bewertete das Urteil als „Rückschlag in unserem Kampf gegen den Klimawandel“.

US-Präsident Joe Biden nannte das Urteil „verheerend“. Das Gericht stelle sich auf die Seite von Sonderinteressen, so der US-Präsident. Er kündigte an, mit Bundesstaaten und Städten zusammenzuarbeiten, um Gesetze zu verabschieden, die dem Handlungsdruck infolge der dramatischen Erderwärmung gerecht würden. Der nun entschiedene Fall begann als Streit darüber, inwieweit die Epa Kraftwerke dazu zwingen darf, ihre Umweltverschmutzung zu reduzieren. Mittlerweile geht es aber vielmehr darum, wie viel Macht Bundesbehörden haben sollen und dürfen, die wie die Epa der Regierung unterstehen.

Biden hatte als eine seiner ersten Amtshandlungen die Rückkehr der USA ins Pariser Klimaabkommen verfügt. Demnach sollen sie bis 2035 Strom ohne Kohlendioxid-Ausstoß erzeugen und spätestens 2050 ihre CO2-Emissionen auf netto Null ­drücken. Er kündigte außerdem an, bis 2030 den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen in den USA im Vergleich zu 2005 mindestens halbieren zu wollen. Der US-Kongress hat sich bisher wenig mit dem Thema Klimawandel befasst und die Befugnisse an Behörden mit Spezialwissen delegiert. Bidens Sozial- und Klimapaket mit Investitionen in saubere Energien und Fördermitteln für E-Autos wurde außerdem im Senat blockiert und liegt auf Eis. Entscheidungen „von solcher Tragweite und Konsequenz obliegen dem Kongress selbst oder einer Behörde, die auf der Grundlage einer klaren Anweisung dieses repräsentativen Organs handelt“, hieß es in der Urteilsbegründung. Mit der Entscheidung endet eine denkwürdige Sitzungswoche des Gerichts, unter anderem mit einer Entscheidung zur Abtreibung. (dpa)

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