Atomkatastrophe im Jahr 2011 in Japan: Milliardenstrafe für Tepco-Manager

Erstmals verurteilt ein Gericht in Japan die Konzernführung für ihr Versagen bei der Atomkatastrophe. Trotz der hohen Strafe gibt es einen Haken.

Fukushima, November 2021: Arbeiter in Schutzkleidung bei Rückbauarbeiten am AKW Foto: Kimimasa Mayama/POOL

TOKIO taz | Ein Gericht in der japanischen Hauptstadt Tokio hat vier ehemalige Manager des Stromversorgers Tepco zur Zahlung einer milliardenhohen Schadenersatzsumme verurteilt. An der für eine Atomanlage nötigen Sicherheit und Verantwortung habe es „fundamental gemangelt“, begründete der Vorsitzende Richter sein Urteil. Damit hat Japans Justiz erstmals die Verantwortung des Managements für die Atomkatastrophe vom März 2011 bestätigt. Tepco und der japanische Staat wurden bereits in mehreren Zivilprozessen schuldig gesprochen, die Strafen blieben jedoch symbolisch.

In einem Strafprozess vor drei Jahren waren drei damalige Topmanager von Tepco in erster Instanz freigesprochen worden, allerdings gingen die Kläger in Berufung. Dieselben drei Manager standen nun in dem Zivilprozess vor Gericht. Es sind der Ex-Vorsitzende des Verwaltungsrats, der inzwischen 82-jährige Tsunehisa Katsumata, und seine Stellvertreter Sakae Muto (71) und Ichiro Takekuro (76). Der Vierte jetzt Verurteilte ist der damalige Tepco-Präsident Masataka Shimizu (78). Ein fünfter Manager wurde freigesprochen.

48 Tepco-Aktionäre hatten die fünf Ex-Führungskräfte auf umgerechnet 160 Milliarden Euro verklagt, weil sie keine Vorkehrungen gegen eine Reaktorkatastrophe durch einen Tsunami getroffen hatten. Die Aktionäre argumentierten, das Unternehmen habe durch den Unfall massive Verluste infolge der teuren Stilllegung der zerstörten Meiler und der Entschädigung der Anwohner erlitten. Nach dem Atomunfall im März 2011 war der Aktienkurs von Tepco um 95 Prozent eingebrochen, das Unternehmen kam unter staatliche Kontrolle.

Das Gericht verurteilte die Männer nun zur Zahlung des Rekordbetrags von 97 Milliarden Euro an ihren früheren Arbeitgeber. Von dort soll das Geld an die Anteilseigner fließen. Im Zentrum des Verfahrens stand eine staatliche Bewertung der Erdbebengefahr für das Kraftwerk. Nach Ansicht der Kläger hätten die Manager reagieren und das Kraftwerk besser gegen einen absehbaren Tsunami schützen müssen.

Der Prozess dauerte zehn Jahre, im Oktober 2021 besichtigte der Richter erstmals das Kraftwerk. Einige Aktionäre feierten das Urteil vor dem Gerichtsgebäude mit Plakaten wie „Verantwortung anerkannt“. Doch bleibt auch dieser Sieg symbolisch: Die Verurteilten können die 97 Milliarden Euro wohl kaum bezahlen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.