Verzögerungen im Betriebsablauf

Wie kommt die Verkehrswende in der Hauptstadt voran?

Als erstes Bundesland hat Berlin schon 2018 dem ÖPNV, Fuß- und Radverkehr Vorrang eingeräumt

„Berlin ist Teil einer weltweiten Bewegung, in der Städte auf die veränderten Bedürfnisse ihrer Bürgerinnen und Bürgern reagieren. Mit einem effizienten Verkehrssystem sollen ein hohes Maß an Verkehrssicherheit, garantierte Mobilität für alle, faire Flächenaufteilung und wirksamer Klimaschutz realisiert werden.“ Diese Sätze mögen utopisch anmuten, doch sie stehen auf der Webseite des Berliner Senats. Als erstes Bundesland hat Berlin 2018 ein Mobilitätsgesetz verabschiedet, das den Vorrang des „Umweltverbundes“ aus ÖPNV, Fuß- und Radverkehr festschreibt. Grundlage dafür ist ein Stadtentwicklungsplan „Mobilität und Verkehr“, ergänzt durch spezifische Einzelpläne.

So enthält der am 9. November 2021 beschlossene Radverkehrsplan unter anderem die Routenführung und Qualitätsstandards für ein 3.000 Kilometer langes Netz von Radwegen in einem dreistufigen System von „Schnell­wegen“, „Vorrang-“ und „Ergänzungsrouten“. Als Ziele werden die Umsetzung des Wegenetzes bis 2030, die Steigerung des Radverkehrsanteils und die Erhöhung von subjektiver Sicherheit und Zufriedenheit benannt. Außerdem die „Vision Zero“ – keine Verkehrsunfälle mehr mit schweren Personenschäden. In den Erstellungsprozess war eine große Zahl von BürgerInnen und Verkehrsverbänden einbezogen.

Berlin hat sich also auf den Weg gemacht, aber wie kommt es dabei voran? Hier und da sind aus Pop-up-Radwegen geschützte Radstreifen geworden, allein 25 Kilometer im grün regierten Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Dort liegt auch der Graefekiez, in dem eine Verkehrsberuhigung mit weitgehender Umwandlung von öffentlichem Parkraum geplant wird. Das Modellprojekt hat allerdings erheblichen medialen Gegenwind ausgelöst, und bei den meisten anderen Zielen gibt es bislang wenig erkennbaren Fortschritt. Das dürfte auch mit mangelnden personellen Ressourcen zusammenhängen: Allein in der zuständigen Senats- verwaltung würden zur Umsetzung des Rad- verkehrsplans etwa 200 Fachkräfte benötigt, bislang sind aber nur 60 Stellen besetzt. Auch die für den Straßenbau zuständigen Bezirke setzen sehr unterschiedliche Prioritäten. So konstatiert bereits der Radverkehrsplan „eine Diskrepanz zwischen der bisherigen Ausbaugeschwindigkeit und der Erfüllung der Zeitziele des Mobilitätsgesetzes“. Innerhalb eines Jahres nach Verabschiedung soll der Personalbedarf für die Umsetzung der verankerten Maßnahmen konkretisiert werden, so der Plan. Das erinnert irgendwie an Klimaschutz – es bleibt nicht mehr viel Zeit. Michael Barker