unterm strich
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Der Theaterregisseur Peter Brook ist gestorben

In einem ausführlichen Gespräch mit dem Theaterwissenschaftler Olivier Ortolani erinnerte sich Peter Brook an den stärksten Theatereindruck seines Lebens. Den hatte er, erzählt er, „mit acht, neun Jahren, als ich in einem englischen Kaufhaus eine Aufführung für Kinder, in einem Theater aus Papier im Stil des 19. Jahrhunderts gespielt, gesehen habe“. Und er selbst betont: „Das ist eigentlich seltsam, wenn man bedenkt, dass ich heute genau das Gegenteil mache: ein Theater, das das Bühnenbild, den szenischen Effekt und all das ablehnt. Aber mein stärkster Eindruck war diese absolute Künstlichkeit, dieses winzige Theater, ein kleiner gemalter Vorhang geht auf, und ich trete vollkommen, hundertprozentig in eine andere Welt ein.“

Statt sich für die Konventionen des Theaters und ihre Künstlichkeit zu interessieren, hat Peter Brook Theatermachen stets als eine Art Forschungsreise begriffen und damit seit den 60er Jahren viele Generationen von Thea­ter­re­gis­seu­r*in­nen inspiriert. Seine Art zu inszenieren hatte etwas prinzipiell Dialogisches: ein Sichinbeziehungsetzen zur jeweiligen Stückvorlage, dabei konkrete Bezüge zum realen und kulturellen Raum, in dem die Aufführung stattfindet, und vor allem eine Art eingehendes Pingpongspiel mit den im Probenprozess angebotenen Improvisationen der jeweiligen Schauspieler*innen, durch das die Figuren gleichsam von innen her entwickelt und eben erforscht werden. Zentral war dabei die Herstellung körperlicher Präsenz und einer Beziehung zwischen Publikum und erzählter Geschichte. So entstanden legendäre Inszenierungen von Shakespeare, Tschechow, Peter Weiss oder – Brook war früh interkulturell interessiert – Produktionen wie etwa „Mahabharata“ nach einem altindischen Epos. Zu einem regelrechten Mythos wurde die Inszenierung von Shakespeares „Der Sturm“ mit David Bennent in der Rolle des Caliban. Bekannt wurde Brook auch mit Filmen, etwa der Verfilmung von William Goldings Roman „Herr der Fliegen“.

Peter Brook wurde am 21. März 1925 in London geboren, und er begann die Theaterarbeit in einer Zeit, als das britische Shakespeare-Theater in Konventionen erstickt und so gut wie leblos war. Zu seinen Einflüssen zählen Theateraufführungen von Bertolt Brecht und Artauds „Theater der Grausamkeit“. Seit den frühen 70er Jahren lebte Brook in Paris, wo er das Centre International de Recherche Théâtrale gründete, den Vorläufer des Théâtre des Bouffes du Nord, an dem viele seine Produktionen Premiere hatten und das er bis zum Jahr 2008 leitete. Am Samstag starb Peter Brook im Alter von 97 Jahren in Paris.