Klage gegen Tabaksteuer für E-Zigaretten

Ein Lobbyverband erhebt Verfassungsbeschwerde – die Zigaretten seien weniger schädlich

Von Christian Rath

Seit dem 1. Juli muss auf E-Zigaretten Tabaksteuer bezahlt werden. Der Branchenverband „Bündnis für tabakfreien Genuß“ (BftG) hat dagegen eine Verfassungsbeschwerde erhoben, die der taz vorliegt.

Anders als bei herkömmlichen Zigaretten wird bei E-Zigaretten kein Tabak verbrannt. Vielmehr wird mit einer Heizwendel eine meist aromatisierte nikotinhaltige Flüssigkeit („Liquid“) erwärmt und der Dampf inhaliert. Der Umsatz mit E-Zigaretten betrug in Deutschland im Jahr 2021 rund 280 Millionen Euro, das ist deutlich weniger als während des Hypes im Jahr 2018 (550 Millionen Euro) und viel weniger als der Umsatz der konventionellen Tabakindustrie (29,4 Milliarden Euro). Etwa 2 Prozent der Deutschen nutzen E-Zigaretten, bei Tabak-Zigaretten liegt der Anteil bei 32,2 Prozent.

Bisher unterlagen E-Zigaretten überhaupt nicht der Tabaksteuer. Das änderte der Bundestag jedoch im Juni 2021 mit dem Tabaksteuer-Modernisierungs­gesetz. Ab dem 1. Juli 2022 fallen 16 Cent Tabaksteuer pro Milliliter Liquid an. Bis 2026 wird sich die Steuer in drei Schritten auf 32 Cent erhöhen. Ein üblicher 10-Milliliter-Liquid-Behälter würde dann statt der derzeit üblichen 4,95 Euro etwa 8,75 Euro kosten, hat der Verband berechnet.

Beschlossen wurde das Gesetz mit den Stimmen der damaligen Koalition aus CDU/CSU und SPD. Ihr ging es darum, Jugendliche vom Einstieg in die Nikotinsucht abzuhalten. Das Branchenbündnis argumentiert nun in seiner Verfassungsbeschwerde, die Höhe der Steuer für E-Zigaretten setze falsche Lenkungssignale. Aus dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes ergebe sich die Formel: „Je schädlicher der Konsum, desto höher muss die Tabaksteuer sein.“

Die Kläger verweisen auf eine Studie der englischen Gesundheitsbehörde, wonach E-Zigaretten 95 Prozent weniger schädlich seien als Tabak. Allerdings ist die Studienlage, gerade was Langzeitfolgen angeht, dünn. For­sche­r:in­nen der University of California ermittelten 2019, dass Rau­che­r:in­nen im Vergleich zu Nicht­rau­che­r:in­nen ein um 160 Prozent erhöhtes Risiko für bestimmte Atemwegserkrankungen wie Asthma haben. Bei Nut­ze­r:in­nen von E-Zigaretten sind es immerhin noch 30 Prozent.

Die Preiserhöhung wird erst peu à peu am Markt spürbar, da die Händler bereits eingekaufte Ware noch steuerfrei verkaufen können. Dementsprechend kommt es derzeit zu Hamsterkäufen. Die Kläger hoffen auf einen Erfolg wie in Italien. Das dortige Verfassungsgericht hatte 2018 die italienische Liquidsteuer für verfassungswidrig erklärt.