Blick ins Universum: Astronomie für den Hafen

Die Bergedorfer Sternwarte hat lange die exakte Zeit für Hamburg geliefert. Und in der NS-Zeit diente sie auaschließlich Kriegszwecken.

Neobarocker Kuppelbau der Bergedorfer Sternwarte

Technikdenkmal als Ort aktueller Forschung: Neobarocker Kuppelbau der Bergedorfer Sternwarte Foto: Markus Scholz / dpa

HAMBURG taz | Genau da, wo heute Hamburgs Elbphilharmonie prangt: Da war im 19. Jahrhundert, prominent auf dem damaligen „Kaiserspeicher“, der „Zeitball“ platziert. Es war ein Gerüst, von dem täglich um zwölf Uhr ein schwarzer Ball herunterfiel. Dann konnten die Kapitäne der auslaufenden Schiffe ihre Uhr stellen, was wichtig war für die Navigation.

Das Ganze war ein Vorläufer der telefonischen Zeitansage. Etliche Präzisionsuhren waren damals über die Stadt verteilt, allesamt gesteuert von der Sternwarte. Dort errechnete man anhand astronomischer Messungen die Stern- und daraus die Erdzeit.

Und ohne den Nutzen für den Hafen hätte es wohl noch länger gedauert, bis Hamburgs Senat den Bau einer öffentlichen Sternwarte genehmigte. Jahrhundertelang war es das Privatvergnügen von Hobbyastronomen wie dem Zimmermann Johann Beyer gewesen, der schon in den 1720er-Jahren eine private Sternwarte am Baumwall betrieb.

Seit 1802 kämpfte dann der Unternehmer und Spritzenmeister Johann Georg Repsold darum, seine private Sternwarte durch eine städtische zu ersetzen. Genehmigt wurde der Neubau 1821 – einerseits, weil das konkurrierende dänische Altona jetzt eine hatte. Zum anderen hatte sich Repsold mit Hamburgs Admiralität verbündet, die ihre Navigationsschule erweitern und mit in die neue Sternwarte ziehen wollte. So kam es auch; 1825 eröffnete der Neubau am Stintfang oberhalb des Hafens und übermittelte Hamburg seither die Zeit.

Industrialisierung vernebelte die Sicht

Allerdings brachte die Industrialisierung immer mehr Licht und Qualm in die Innenstadt, und man sah die Sterne nicht mehr richtig. Weshalb man 1912 im außerhalb gelegenen Bergedorf die auf einer Anhöhe die heutige Sternwarte eröffnete, mit neobarocken Kuppelbauten und einer Bibliothek.

Drum herum ein idyllischer Park. Eine ideale Atmosphäre für die ForscherInnen des Fachbereichs Physik der Universität Hamburg, zu der die Sternwarte seit 1968 gehört. Und dass die AstonomInnen in einem technischen Denkmal mit hochkarätigen historischen Instrumenten arbeiten, ist ein Alleinstellungsmerkmal der Sternwarte, die nun schon zum zweiten Mal auf der Bewerbungsliste für das Unesco-Weltkulturerbe steht.

Doch allen Lob der Grundlagenforschung zum Trotz: Während des Zweiten Weltkriegs diente die Sternwarte einzig dem Militär. Der Marine unterstellt, beobachtete man die Sonnenaktivität, die Radiowellen und Funkverkehr beeinflussen, den des „Feindes“ stören kann.

Heute steht – neben öffentlichen Führungen – wieder Grundlagenforschung auf der Agenda: Mit Kosmologie, Exoplaneten und außergalaktischer Astrophysik befassen sich die Forscher oder, wie Jochen Liske, mit der Entstehung von Galaxien. Und auch wenn sich Liske nicht als Theoretiker bezeichnet, sondern als beobachtenden Astronom: Durch eins der alten Teleskope schaut er nur noch gelegentlich mit Kollegen zum Vergnügen. Denn seine Forschungsdaten generieren moderne Teleskope in aller Welt auf Computerbefehl hin. Da kann man gar nicht mehr durchschauen.

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