berliner szenen
: Keen Computa, aber Stullen

Im Bus sitzt ein älteres Ehepaar hinter mir, die offenbar vom Bahnhof Südkreuz kommen. Sie haben Rollkoffer dabei und unterhalten sich darüber, wie voll der Zug war. „Eine Zumutung, ’ne?“, sagt die Frau, „da haben wir aber noch Glück gehabt, dass wir überhaupt noch einen Sitzplatz bekommen haben.“

Er brummelt: „Könnte man ’ne echte Zugmutung nennen.“ „Was?“, fragt sie. „Ach egal“, findet er.

Ein lauter Techno-Popsong ertönt. Es ist offenbar ein Klingelton. Man hört lange jemanden in einer Tasche kramen, dann sagt der Mann: „Kenn ick nich, die Nummer“ und geht ans Handy: „Ja?“, sagt er barsch.

„Wer issn das?“, wispert seine Frau.

„Da quatscht mich einer auf Englisch voll“, gibt er ihr zur Antwort. Dann sagt er laut in den Hörer: „Ick hab keen Computa.“ Er lauscht wieder. „Der hört nicht auf zu sabbeln“, sagt er zu seiner Frau. „Watt will der von mir?“

„Gib mal her“, sagt sie und dann hört man sie auch sehr laut in den Hörer sagen: „No computa.“ „Ich hab den weggedrückt,“ sagt sie dann zu ihrem Mann. „Der meinte irgendwas mit Microsoft. Ist bestimmt so ein Corona­leugner gewesen.“

„Wat? Wieso das denn?“, fragt der Mann. „Na, wegen dem Bill Gates und so.“ „Ick vasteh nur Bahnhof“, sagt er. Sie schweigt. Dann sagt sie: „Also, du musst dich schon mal’n bisschen für die Politik interessieren, sonst lebste ja nur noch hinterm Mond. Da war doch was mit Bill Gates und den Impfungen, wie die Coronaleugner glauben. Das ging doch überall rum.“

Er brummelt: „Is’Bill Gates nicht der nach Trump?“ „Das ist Biden“, sagt sie entnervt. „Lassen wir das. Wir streiten uns nur wieder.“ Und er sagt: „Is’gut. Haste noch ’ne Stulle für mich?“ Man hört Kramen, Papier rascheln und dann sind sie ruhig. Sie essen Stulle und lassen die Politik außen vor. isobel markus