Inflationsbonus-Plan: Lohnpolitik geht Scholz nichts an

Eine Einmalzahlung für Beschäftigte ist keine schlechte Idee. Doch sie ist Sache der Tarifpartner. Scholz bringt sie nur wegen Lindner ein.

eine Person zeigt auf Olaf Scholz, Christian Lindner sitzt dabei und lacht

Tarifpolitik ist nicht Sache des Kanzlers Foto: Kay Nietfeld/dpa

Olaf Scholz regiert. Aber der Bundeskanzler regiert auch hinein – aktuell in die Lohnpolitik, die nicht primär ihn etwas angeht, sondern die Firmenverbände und Gewerkschaften. Deren Spitzen lehnen Scholz’ neuen Vorschlag deshalb auch ab. Die Zurückweisung ist zwar folgerichtig, aber zur Wahrheit gehört auch: Die Idee der steuerfreien Einmalzahlung an die Beschäftigten hat durchaus Vorteile.

Das Kanzleramt strebt offenbar an, mit Arbeitgebern und Gewerkschaften eine Vereinbarung zu schließen. Diese sollen sich auf Tariferhöhungen einigen, die deutlich unter der Inflationsrate liegen. Während die Inflation 5 oder 6 Prozent erreichen könnte, erhielten die Beschäftigen im kommenden Jahr beispielsweise nur 3 Prozent mehr Lohn. Zusätzlich soll es steuerfreie Einmalzahlungen von vielleicht 800 Euro pro Kopf geben, die nicht in den Tarif eingerechnet werden.

Die Logik des Plans: Er kann dämpfend auf die Inflation wirken. Die Tarifanhebung, die jeweils die Basis für die Erhöhungen der kommenden Jahre darstellt, fiele so gering aus, dass sie nicht zu einer dauerhaften Lohn-Preis-Spirale beitrüge. Höhere Löhne führten also nicht zu weiteren Preissteigerungen. Moderate Lohnabschlüsse schützen außerdem die Unternehmen, die unter den galoppierenden Energiekosten leiden. Mit den Einmalzahlungen erhielten die Beschäftigten aber trotzdem eine Unterstützung, um mit den hohen Gas-, Benzin- und Strompreisen zurechtzukommen.

Allerdings sind auch die Nachteile von Scholz’ Vorhaben nicht zu übersehen. Vor allem muss man sich darüber im Klaren sein, dass es sich bei den Einmalzahlungen vermutlich nicht um einen Bonus zugunsten der Beschäftigten handelt. In der Summe aus geringer Tariferhöhung und Einmalzahlung erhalten sie wahrscheinlich weniger, als wenn IG Metall und Verdi ihre volle Kraft auf die Straße bringen, um den Ausgleich der Inflation durchzusetzen.

Zudem müssen viele Arbeitenden auf die Einmalzahlung verzichten, weil deren Firmen nicht tarifgebunden sind. Und drittens kommen breite Bevölkerungsgruppen nicht in den Genuss, die ebenfalls unter den Energiepreisen leiden – Rentnerinnen und Rentner, Haushalte, die staatliche Unterstützung wie Grundsicherung erhalten, Studierende.

Deshalb sollte die Regierung Menschen mit niedrigen Einkommen einen wirklichen Bonus auszahlen. Dieser Inflationsausgleich dürfte allerdings seine Grenze in der Schuldenbremse finden, die FDP-Finanzminister Christian Lindner 2023 unbedingt wieder einhalten will. Der Spielraum im Bundeshaushalt verringert sich damit drastisch. Deshalb wählt Scholz den holprigen Umweg der Tarifvereinbarung.

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Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.

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