Kommunalwahlen in Italien: Schlappe für Regierungsparteien

Bei der Abstimmung in fast 1.000 Kommunen haben die Lega und Fünf Sterne Verluste eingefahren. Im rechten und Mitte-Lager verschieben sich die Kräfte.

Menschen in einem Wahllokal.

Während der Regionalwahlen in Italien am 13. Juni in Molfetta Foto: Davide Pischettola/NurPhoto/imago

ROM taz | Alles bleibt wie gehabt – und doch ist alles anders. Zwar gehen die politischen Lager sowohl der Rechten als auch der Mitte-Links-Allianz ohne einschneidende Verschiebungen zwischen den Lagern aus den am Sonntag in Italien abgehaltenen Kommunalwahlen hervor; innerhalb der beiden Lager aber haben sich die Kräfteverhältnisse deutlich verändert.

In 971 der etwa 8.000 Kommunen waren die Bür­ger­meis­te­r*in­nen und Stadtparlamente zu wählen. Rund neun Millionen Bür­ge­r*in­nen waren zur Abstimmung aufgerufen. Dies machte den Wahlgang zum ersten signifikanten Test für die Parteien, seitdem im Februar 2021 die Regierung unter Mario Draghi ins Amt gekommen ist.

Als am Montagabend endlich die Stimmen ausgezählt worden waren, stand fest, dass vor allem der Rechtsblock, bestehend aus Matteo Salvinis Lega, aus Silvio Berlusconis Forza Italia und aus der postfaschistischen Partei Fratelli d’Italia (FdI – „Brüder Italiens“) ein gutes Ergebnis eingefahren hat. Ihre Gemeinderatslisten erhielten in den abstimmenden Kommunen fast 44 Prozent. Die beiden größten Städte Palermo und Genua fielen schon im ersten Wahlgang an die Rechte. Im traditionell linken Genua, zum ersten Mal vor fünf Jahren von der Rechten erobert, triumphierte der bisherige Bürgermeister mit 55 Prozent.

In Palermo dagegen war die Nachfolge des seit zehn Jahren regierenden Stadtoberhaupts Leoluca Orlando zu bestimmen. Orlando ist auch international wegen seiner harten Linie gegen die Mafia sowie wegen seiner gegenüber Flüchtlingen freundlichen Politik bekannt. Dort setzte sich die Rechte ebenfalls im ersten Wahlgang klar durch.

Ihr Kandidat kam zwar „nur“ auf 48 Prozent. Ein sizilianisches Regionalgesetz legt die Hürde für einen Sieg im ersten Wahlgang allerdings mit 40 Prozent niedriger. Auch dass zwei rechte Kandidaten unmittelbar vor der Wahl verhaftet worden waren, weil sie mit Mafiosi über von ihnen kontrollierte Stimmpakete verhandelt hatten, konnte das Abstimmungsverhalten der Pa­lermita­ne­r*in­nen nicht beeinflussen.

Postfaschistische FdI triumphiert

Die Mitte-Links-Kräfte liegen mit 42 Prozent fast gleichauf mit dem rechten Lager. Sie konnten die bisher von der Lega regierte Stadt Lodi in der Lombardei für sich gewinnen. In vielen Städten konnten sie ihre Kan­di­da­t*in­nen aussichtsreich für die Stichwahlen am 26. Juni platzieren, zum Beispiel im traditionell rechten Verona, in dem der Mitte-links-Kandidat mit 40 Prozent vorne liegt.

Zugleich gab es innerhalb der jeweiligen Lager Verschiebungen. Rechts triumphiert die postfaschistische FdI unter Giorgia Meloni. Ihre Listen platzierten sich fast flächendeckend vor denen der Lega unter Salvini. Die Lega brach im Süden Italiens ebenso ein wie in ihren früheren Hochburgen im Norden. Mittlerweile darf die FdI-Chefin Meloni als starke Frau des Rechtsblocks gelten. Ihre Partei profitiert davon, dass sie als einzige nennenswerte Kraft im Parlament gegen die Regierung Draghi opponiert, während die Lega zur Regierungskoalition in Rom gehört.

Im Mitte-links-Block dürften die Fünf Sterne nervös werden. Bei den nationalen Wahlen 2018 hatten sie noch 32,7 Prozent eingefahren. In vielen Kommunen trat das Movimento5Stelle (M5S) erst gar nicht an. Wo es dabei war, hatte es sich in den meisten Fällen für Allianzen mit der gemäßigt linken Partito Democratico (PD) entschieden. Damit wurde zwar ein größerer Erfolg der Rechten verhindert – nicht aber ein Erfolg des M5S erreicht. Ihre Listen kamen nur auf 1,4 Prozent.

Auch die Fünf Sterne gehören zur Koalition um Draghi. Genauso wie die Lega dürften sie versucht sein, dort ihr Profil zu schärfen, indem sie immer wieder auf Abstand zu Draghi gehen.

Eine erste Gelegenheit haben beide Parteien, wenn das Parlament am 21. Juni über die Ukrainepolitik debattiert. Sowohl die Lega als auch das M5S lassen durchblicken, dass sie weitere Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnen. Dies könnte zu einer Zerreißprobe in der Regierungskoalition – aber auch in den beiden politischen Blöcken – führen.

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