Karten für die Stones

Wie ein Hamburger Verwaltungschef mal was Gutes tun wollte

Aus Hamburg Gernot Knödler

Ein Konzert der Rolling Stones im Stadtpark – bei dieser Vorstellung bekam wohl so mancher im Hamburger Rathaus feuchte Hände. Die größte Rockband der Welt bot an, ihre Europa-Tournee 2017 in der Hansestadt zu beginnen. Dafür war der Senat bereit, die große Festwiese herzugeben. Das Privileg, hier aufzutreten, war zuletzt 1989 Pink Flyod gewährt worden.

Sommerstimmung, sich an die Revoluzzer-Zeit von früher erinnern und nebenbei ein bisschen Stadtmarketing machen – alles hätte so schön sein können. Doch der Mega-Gig für 80.000 Leute endete mit peinlichen Prozessen und zerstörten Karrieren.

Zwei Monate nach dem Konzert brachten Anfragen von Bezirkspolitlikern ans Licht, dass Harald Rösler (SPD), Leiter des Bezirksamtes Hamburg-Nord, 100 Freikarten im Wert von 100 bis 200 Euro an Mitarbeiter und „Freunde des Hauses“ verteilt hatte. Dazu kamen 300 Karten aus einem reservierten Kontingent, die aber bezahlt werden mussten. Rösler hatte das Konzert genehmigt.

Es folgte ein großer Aufruhr. Die Medien knöpften sich die Sache vor. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Bestechung und Bestechlichkeit. Bezirksstaatsrätin Elke Badde (SPD), die zwar keine Tickets bezogen, Röslers Aktion aber mit einer rückdatierten Genehmigung abgesegnet hatte, musste eine Geldstrafe von mehr als 20.000 Euro bezahlen. Sie musste ihren Hut nehmen. Mehrere ihrer Staats­sekretärskollegen zogen sich durch Zahlung von Geldbußen aus der Affäre. Rösler und seinem Stellvertreter und zwei Konzertmanagern wurde der Prozess gemacht, bei dem die Vorwürfe aber zusammenschrumpelten.

Die Staatsanwaltschaft hatte Rösler vorgeworfen, die Wiese als Gegenleistung für die Tickets weit unter Wert vermietet zu haben. Aus dem vermuteten Schaden von 400.000 Euro leitete sie den Vorwurf der Bestechlichkeit und der schweren Untreue ab. Im Laufe des Prozesses stellte sich jedoch heraus, dass der Bezirks­amtsleiter einen „guten Deal für Hamburg“ ausgehandelt hatte, wie es der Konzertveranstalter Karsten Jahnke als Zeuge aussagte. „Nie hat jemand mehr für den Stadtpark bezahlt“, sagte der Anwalt eines Konzert-Promoters.

Weil der Stadt also kein Schaden entstanden ist, hat Rösler auch nicht seine Amtspflichten zugunsten des Konzertveranstalters verletzt, sodass ihm die Staatsanwaltschaft am Ende nur noch Vorteilsnahme und -gewährung statt Bestechlichkeit und Bestechung vorwarf. Röslers Anwalt Johann Schwenn wies darauf hin, dass es bundesweit branchenüblich sei, dass Konzertveranstalter ihren Vermietern Freikarten zur Verfügung stellten.

Am Ende wurde der inzwischen pensionierte Bezirksamtsleiter zu einer Geldstrafe von knapp 22.000 Euro verurteilt, sein damaliger Stellvertreter, der für sich und seine Familie Freikarten angenommen hatte, zu 12.000 Euro.

Bei ihrer diesjährigen Tournee treten die Stones nicht in Hamburg auf.