Bewegungstermine um Berlin: Für Neun Euro zur Revolution

Mit dem Ticket lässt sich nicht nur Sylt stürmen, sonder auch politisch viel bewegen. Ob G7 oder Fundi-Marsch: Es lohnt, aus Berlin rauszukommen.

Aktivisti:innen in einem Protestcamp vor dem Hintergrund der Alpen

Allein landschaftlich schon eine Reise wert: Proteste gegen den letzten G7-Gipfel in Elmau 2015 Foto: dpa

Der Sommer kommt, die Temperaturen steigen und damit auch das Bedürfnis, der brütenden Hitze des Großstadtbetons zu entfliehen. Zum Glück schließen sich Stadtflucht und politischer Aktivismus nicht aus, denn abseits der Großstädte gibt es einiges zu tun. Wie schön, dass das 9-Euro-Ticket nun auch die Möglichkeit bietet, kostengünstig mit dem Regio auch in den letzten Winkel der Republik zu eiern.

So ist das im malerischen bayrischen Alpenvorland gelegene Elmau immer eine Reise wert. Am 25. Juni treffen sich die Staats- und Regierungschefs der G7, der mächtigsten Industrienationen, um geschlossenen Kreis über die Lösung globaler Probleme zu diskutieren. Kritiker:innen, wie das Bündnis „Stop G-7 Elmau“ sehen in dem Format vor allem eine Weiterführung kolonialer Machtverhältnisse.

Zum Beispiel seien die Länder der G7 historisch für Probleme wie der Klimakrise verantwortlich und obwohl Menschen im globalen Süden am stärksten von ihr betroffen sind, seien sie von den Verhandlungen ausgeschlossen, heißt es in dem Aufruf zu den Gipfel-Protesten.

Ähnlich unwahrscheinlich ist es, dass die G7 Lösungen für andere Probleme, wie der wachsenden Ungleichheit, unfaire Handelsbedingungen, Menschenrechtsverletzungen und restriktive Migrationsregime finden werden, da sie selbst diese Probleme verursacht haben und am meisten von ihnen profitieren.

Um für die Proteste gegen den diesjährigen Gipfel zu demonstrieren, macht am Donnerstag die “Für das Leben… statt G7“ genannte Mobilisierungstour in Berlin halt. Seit Anfang Juni tourt eine Gruppe internationaler Ak­ti­vis­t:in­nen durch verschiedene deutsche Großstädte.

Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.

Mit dabei sind unter anderem auch Spre­che­r:in­nen aus Algerien, Mexico, Palästina und Iran, die von den Kämpfen in ihren Heimatländern berichten (Donnerstag, 9. Juni, 19 Uhr, TU Berlin, Straße des 17. Juni 135, Raum H0104).

Für Menschen, die an dem Tag bereits nicht mehr in Berlin sind, aber trotzdem von den Erfahrungen internationaler Ak­ti­vis­t:in­nen lernen wollen, organisieren die Ak­ti­vis­t:in­nen von Ende Gelände ein thematisch ähnliches Online-Seminar.

Im letzten Teil der Veranstaltungsreihe „Roots of Resistance“ berichten die Um­welt­ak­ti­vis­t:in­nen Ilham Rawoot aus Mosambik und Fernando aus Mexico über die zerstörerischen Auswirkungen der fossilen Energieförderung und den Widerstand dagegen (Online, 19 Uhr, Anmeldung und Zoom-Link hier).

Fundi-Terror im Erzgebirge

Ein traumhaftes Reiseziel ist auch die verschlafene Kleinstadt Annaberg-Bucholz im Erzgebirge. Getrübt wird die Idylle von einem jährlichen Aufmarsch christlicher Fun­da­men­ta­lis­t:in­nen und anderer Abtreibungsgegner:innen, die dort einen „Schweigemarsch für das Leben“ durchführen.

Die Fun­da­men­ta­lis­t:in­nen tragen damit nicht nur ihre reaktionäre Ideologie auf die Straße, sondern setzen damit auch noch die wenigen Kliniken unter Druck, die in der Region überhaupt noch Abtreibungen durchführen.

Das feministische Bündnis “What the fuck“ hat eine gemeinsame An- und Abreise mit Bussen organisiert, um den reaktionären Aufmarsch nicht unwidersprochen zu lassen (Samstag, 11. Juni, Ostbahnhof, 8 Uhr, Tickets im Café Cralle oder der Buchhandlung Schwarze Risse für 16€).

Die Lausitz ist von Berlin gut zu erreichende Lausitz ist nicht nur landschaftlich schön, sondern auch ein wichtiger Ort der Anti-Braunkohle-Bewegung in Deutschland. Lange vor dem Hambacher Forst und Lützerrath besetzten im sorbischen Dorf Lacoma bereits 1992 Um­welt­ak­ti­vis­t:in­nen leerstehende Häuser um es vor der Abbaggerung zu bewahren.

Zentrum der Widerstandskultur

Bis zu seiner endgültigen Zerstörung 2006 entwickelte sich das Dorf zu einem Zentrum der Widerstandskultur. Die Umweltgruppe Cottbus will nun zum 30-jährigen Jubiläum der Besetzung mit einer Neuauflage des damals jährlich stattfindenen Lakoma-Festes an die vergangenen Kämpfe erinnern und neue wie alte Ak­ti­vis­t:in­nen zusammenführen (Samstag, 11. Juni, 13.30 Uhr, Lakomaer Dorfstraße 38, Cottbus).

Für diejenigen die keine Lust auf überfüllte Regios haben und sowieso lieber Rad fahren, findet am Sonntag die große Sternfahrt des ADFCs statt. Auf 18 Routen mit Startpunkten in Berlin und Brandenburg machen sich tausende Radfahrer zum Großen Stern auf. Das Ziel: Einmal soviel Platz einnehmen wie die Autofahrer:innen.

Noch vor dem Event-Charakter und dem Reiz auf einer gesperrten Autobahn wie der A100 mit dem Fahrrad zu fahren, war die Notwendigkeit die Verkehrswende vorranzubringen noch nie so dringend wie heute.

Trotz Klimakrise und fossiler Abhängigkeit von Putin und anderen Diktatoren, ist von einem FDP-geführten Verkehrsministerium keine Abkehr vom Auto zu erwarten. Wie alles andere, muss auch die erst mühsam erkämpft werden (Sonntag, 12. Juni, Endpunkt Großer Stern 14 Uhr. Startpunkte und Zeiten auf der Website des ADFC).

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