Ungarn setzt sich durch

Auf Druck von Ministerpräsident Orbán verzichtet die EU auf Sanktionen gegen Patriarch Kyrill

Die EU verzichtet wegen des Widerstands von Ungarn vorerst auf Sanktionen gegen das russisch-orthodoxe Kirchenoberhaupt Patriarch Kyrill. Das sechste EU-Sanktionspaket, in dem auch ein weitgehendes Öl­embargo enthalten ist, wurde am Donnerstag von Vertretern der EU-Staaten ohne die eigentlich geplante Strafmaßnahme gegen Kyrill gebilligt, wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigten.

Kyrill sollte nach dem Willen der anderen EU-Staaten wegen seiner Unterstützung für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auf die EU-Sanktionsliste kommen. Er pflegt engen Kontakt zu Präsident Wladimir Putin und zeigte sich bislang kremltreu. Der 75-Jährige stellte sich in seinen Predigten immer wieder hinter den Krieg und behauptete zuletzt, dass Russland noch nie ein anderes Land angegriffen habe.

Ungarn wollte die Sanktionierung allerdings nicht akzeptieren. Regierungschef Viktor Orbán hatte seine Haltung zuletzt „mit der Frage der Glaubensfreiheit ungarischer Religionsgemeinschaften“ begründet. Diese sei „heilig und unveräußerlich“. Der Boykott gegen Öllieferungen aus Russland sieht vor, im kommenden Jahr auf dem Seeweg kein Öl mehr in die EU zu lassen. Lediglich Ungarn, die Slowakei und Tschechien sollen wegen ihrer großen Abhängigkeit noch bis auf Weiteres russisches Öl über die Druschba-Pipeline importieren dürfen.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zufolge wird die EU trotz der Ausnahme für Pipeline-Lieferungen bis Ende des Jahres rund 90 Prozent weniger Öl aus Russland beziehen. Nach Schätzungen der EU-Denkfabrik Bruegel gaben EU-Staaten bis vor Kurzem noch täglich etwa 450 Millionen Euro für Öl aus Russland sowie 400 Millionen für Gas aus Russland aus. (dpa)