Bremer Sponsor unterstützt Freikirche: Werder setzt auf falsche Werte

Werder-Sponsor Florian Wellmann unterstützt ein Projekt mit der umstrittenen Freikirche ICF. Der Verein wollte spenden, nach Kritik überdenkt er dies.

Werder-Fahne vor blauem Himmel

Hat erst einmal nicht sonderlich hinterfragt, was Sponsor Florian Wellmann treibt: Werder Bremen Foto: Daniel Reinhardt/dpa

BREMEN taz | Es waren Fans, die Werder Bremen auf seinen Fehler hinwiesen: „Seid ihr doof?“, fragte der Twitter-Account „ominöser Fanclub“ den Klub am Dienstag. Werder hatte in der vergangenen Woche bei einer Charity-Gala angekündigt, an ein Projekt der Stiftung vom eigenen Sponsor Florian Wellmann zu spenden.

„ICF Cambodia“ heißt das Projekt, und die umstrittene Freikirche International Christian Fellowship (ICF) spielt darin eine entscheidende Rolle. So auch in dem kritischen Fan-Tweet: „Wir trauen keine gleichgeschlechtlich empfindenden Paare. Die Ehe ist ein Privileg für Mann und Frau“, wird ICF-Pastor Ralf Dörpfeld zitiert.

Das Zitat stammt aus einem Bericht des Schweizer Radio- und Fernsehsenders SRF von 2016. Darin sagte Dörpfeld auch, dass man Homosexualität nicht verbieten könne, „das wäre hirnverbrannt“. Dörpfeld ist sogenannter „Lead Pastor“ in Basel. Nach eigenen Angaben hat die ICF Standorte in Europa und darüber hinaus. Ihr Auftritt ist modern und cool, ihre Mitglieder sind jung – die Inhalte erzkonservativ.

Die Süddeutsche Zeitung berichtete 2013 von Predigten, in denen es um die Unterschiedlichkeit der Geschlechter gegangen sei: „Männer sind stark, fokussiert, manchmal unbeherrscht, Frauen gefühlvoll, unsicher, auf der Suche nach Liebe“, heißt es in dem Artikel über die Botschaften in den Gottesdiensten der ICF.

Werte sind nicht mit Werder vereinbar – eigentlich

Homophobie und Sexismus sind jedoch nicht alles, was die ICF zu bieten hat. „Senior Pastor“ Leo Bigger aus Zürich, sozusagen der Anführer der Kirche und Mitgründer, hat „nichts gegen Moslems, aber es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Frankreich ein muslimisches Land ist“. So wird er in einem Bericht der Wochenzeitung WOZ von 2010 zitiert. Auch in der Schweiz bestehe Grund zur Sorge. „Dort, wo man die Moslems reinholt, ist das nur eine Frage der Zeit“, soll er dem Autor zufolge gesagt haben.

Das sind Werte, von denen sich ein Fußballverein wie Werder Bremen normalerweise klar distanziert. Und doch sagte Werder zu, Geld an die frisch gegründete Stiftung des Bremer Immobilienmaklers Florian Wellmann zu spenden. Die Spende wurde am vergangenen Mittwoch bei einer Charity-Gala im VIP-Bereich des Weserstadions angekündigt. Die Stiftung will mit dem Geld die ICF in Kambodscha unterstützen.

Genauer: Man möchte Geld für ein Grundstück in der Stadt Siem Riep aufbringen, damit dort Menschen mit Essen, medizinischer Versorgung und Bildung geholfen werden kann. So berichtete es vor einer Woche das Werder-Portal „Deichstube“, das von der Kreiszeitung betrieben wird und auch die Werder-Berichterstattung für den Weser Kurier zuliefert.

Die Hälfte des Geldes sei bereits aufgetrieben – von einem Ehepaar, das dort vor neun Jahren die ICF-Kirchengemeinde gegründet und begonnen hatte, die Hilfsstrukturen aufzubauen. Sophal und ­Andreas „ND“ Strupler heißen die beiden. Letzterer ist der Sohn von Heinz Strupler, der die ICF Anfang der 1990er vor ihrer offiziellen Gründung als Verein aufgebaut hat. Nach Angaben der Deichstube war Wellmann bereits in Kambodscha, um sich das Projekt anzuschauen.

Entscheidung über Spende steht noch aus

Kritische Stimmen gab es anscheinend weder bei der Gala, bei der unter den rund 200 Gästen Klubchef Klaus Filbry und Ex-Profis wie Ailton und Tim Wiese gewesen sein sollen, noch im Bericht der Deichstube. Nachdem Wellmann darin mit den Worten zitiert wird: „Unsere Hauptmotivation ist Jesus Christus“, heißt es nur: „Da passt die Zusammenarbeit mit der ICF.“

Mindestens in Bremen kennt man den Christen und Makler Wellmann. Von Plakaten an Häusern, die seine Firma für die Be­sit­ze­r*in­nen verkaufen möchte, und aus dem Werder-Kontext, immer breit lächelnd. Nicht nur in Bremen verkauft er Häuser, auch in Hamburg, Hannover, Oldenburg, Osnabrück und Münster möchte er „zuverlässiger Makler“ sein.

Die entspannte Haltung mit seinem Projekt änderte sich nach dem Hinweis des „ominösen Fanclubs“ bei den Beteiligten: „Wir nehmen eure aufmerksame Kritik sehr ernst und gehen kurzfristig auf die Florian Wellmann Stiftung zu, um das zu prüfen“, twitterte Werder Bremen noch am Dienstag auf die Frage, ob man doof sei, zurück. Auch die Deichstube legte am Tag darauf nach.

Ob Werder die Spende durchzieht oder nicht, konnte der Club bis Redaktionsschluss nicht beantworten. Man sei noch in der Abstimmung, sagte Sprecher Christoph Pieper. Er bestätigte aber, dass das Geld noch gar nicht überwiesen wurde. Es wäre also ein leichtes, den Fehler zu korrigieren und sich klar von dem Projekt zu distanzieren.

Florian Wellmann selbst wollte der taz keine Fragen zu seinem Projekt beantworten. Er verwies auf eine Stellungnahme, die bis Redaktionsschluss ebenfalls nicht vorlag.

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