Parlamentswahlen in Frankreich: Billiger Populismus gegen links

Frankreichs liberale Mitte versucht, den Linken Mélenchon in eine Ecke mit der Rechten Le Pen zu stellen. Damit entlarvt sie ihre eigenen Urängste.

Jean-Luc Mélenchon nach dem Urnengang

Was ist an einem höheren Mindestlohn bitte demokratiefeindlich? Linken-Politiker Jean-Luc Mélenchon Foto: ap

Das Hufeisen mal wieder. In den französischen Parlamentswahlen sorgt das Linksbündnis NUPES unter Jean-Luc Mélenchon für Wirbel. Ministerpräsident wollte Mélenchon werden. Das scheint seit dem ersten Wahlgang am Sonntag zwar ausgeschlossen, dennoch muss Präsident Emmanuel Macron mit seinem Bündnis Ensemble! nun bangen, im Parlament keine absolute Mehrheit zu erhalten. Die Wut auf das Linksbündnis ist groß. Und unsachlich.

Die Ensemble!-Kandidatin Alexandrine Pintus rief die Menschen in ihrem Wahlkreis auf, in der Stichwahl zwischen links und rechtsextrem einen leeren Stimmzettel abzugeben. „Die extreme Linke ist eine genauso große Gefahr wie die extreme Rechte“, sagte auch Ex-Bildungsminister Jean-Michel Blanquer. Eine abgeschwächte Wiederholung dessen kommt aus den Medien, auch in Deutschland. „Linkspopulist“ ist eine gängige Bezeichnung für den NUPES-Kandidaten, womit er in die Ecke der oftmals (verharmlosend) als „Rechtspopulistin“ bezeichneten Le Pen gerückt wird. Populismus, das bedeutet: unterkomplexe Scheinlösungen anbietet, um die Massen zu begeistern.

Dabei glaubt sogar Starökonom Thomas Piketty, dass das Programm von NUPES finanziell „sehr viel seriöser“ sei als das von Macron. Das einzige, das nicht inflations- oder schuldenfinanziert sei. „Eitel“ und „selbstverliebt“ sei Mélenchon, heißt es oft. Vage Bezeichnungen, die auf so ziemlich je­de*n Po­li­ti­ke­r*in zutreffen könnten und keine substanzielle Kritik beinhalten. Das NUPES-Bündnis wirbt für Umverteilung: höhere Besteuerung der Reichen, Entlastung der Mittelschicht, höheren Mindestlohn sowie ein niedrigeres Renteneintrittsalter. Zu irgendeiner Zeit mögen das ganz normale sozialdemokratische Forderungen gewesen sein. Heute gelten sie als demokratiefeindlich.

Dabei haben sie nichts gemein mit einer menschenfeindlichen Politik der Abschiebung und des Rassismus. Dass die liberale Mitte das eine dem anderen gleichstellt, entlarvt ihre ureigenen Ängste – vor Umverteilung und Machtverlust. Und es spielt den Rechtsextremen in die Hände.

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