Verbot sexistischer Werbung in Berlin: Da gibt es nichts zu gucken

Berlin verzeichnet erste Erfolge im Kampf gegen sexistische Werbung. Ein Volksbegehren könnte für noch mehr Klarheit sorgen.

Litfaßsäule in Berlin

Hier ist mal eine werbefreie Zone Foto: dpa

BERLIN taz | Halbnackte Frauen in sexuellen Posen, die ohne jeglichen Produktbezug in Werbeanzeigen dargestellt werden, sieht man leider immer wieder. Berlin will gegen diese Art von sexistischer Werbung vorgehen – mit ersten Erfolgen. So sind in den ersten fünf Monaten dieses Jahres nach Angaben von Justizsenatorin Lena Kreck 19 Meldungen bei der neuen Jury gegen diskriminierende und sexistische Werbung eingegangen. Das sind fast so viele wie im gesamten Jahr 2021.

„Werbung leistet einen Beitrag dazu, gesellschaftliche Vorstellungen zu formen. Es freut mich deshalb besonders, dass sich die Jury jetzt etabliert und auch an Bekanntheit gewonnen hat“, sagte die Linken-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.

Der Berliner Senat hatte 2020 beschlossen, noch konsequenter gegen sexistische Werbung vorzugehen. Auf Werbeflächen des Landes ist sexistische Werbung verboten. Auf privaten Flächen wird sie durch ein Ex­per­t*in­nen­gre­mi­um geprüft, das 2021 seine Arbeit aufgenommen hat. Wem auf der Straße oder im Internet abwertende Werbung auffällt, kann diese auf der Webseite der Justizverwaltung anonym melden.

22 Beschwerden gingen laut dem ersten Tätigkeitsbericht des Gremiums im vergangenen Jahr ein, in 18 Fällen sei die Jury örtlich und sachlich zuständig gewesen. In 15 der gemeldeten Fälle kontaktierte das Gremium die betroffenen Unternehmen. In 8 Fällen sei daraufhin die Werbung gestoppt oder es seien Änderungen angekündigt worden. In fünf Fällen seien die Betroffenen uneinsichtig gewesen.

Großen Handlungsspielraum haben die zehn ehrenamtlichen Mitglieder der Jury allerdings nicht: Weigern sich die Unternehmen, ihre Werbung zu entfernen, hat das Gremium kaum Mittel, um dagegen vorzugehen. „Es gibt keine verbindlichen Regeln, die sexistische Werbung verbieten“, sagt Fadi El-Ghazi vom Volksbegehren Berlin Werbefrei zur taz. Die Initiative will Werbung in der Öffentlichkeit deutlich reduzieren.

Ob es in Berlin zu einem Verbot sexistischer Werbung kommen wird, hängt vom Erfolg eines Volksbegehrens ab

„Unser Konzept sieht vor, dass herabsetzende und diskriminierende Werbung verboten wird“, so El-Ghazi weiter. Damit geht das Volksbegehren deutlich weiter als die rot-grün-rote Landesregierung, die vor allem auf Freiwilligkeit setzt. Auch das Selbstkontrollgremium der Branche, der Deutsche Werberat, kann lediglich öffentliche Rügen ohne Rechtsfolgen aussprechen.

Die feministische Organisation Pinkstinks setzte sich jahrelang für ein Verbot sexistischer Werbung ein. Seit 2017 betreibt sie ein bundesweites Meldetool, wo bislang mehr als 10.800 Meldungen eingegangen sind. Von rund 4.000 geprüften Motiven wurden 1.780 als sexistisch eingeordnet.

Ob es in Berlin zu einem Verbot sexistischer Werbung kommen wird, hängt vom Erfolg des Volksbegehrens ab. Das wird zurzeit vom Senat auf Zulässigkeit geprüft. El-Ghazi hofft, dass man im nächsten Jahr mit der Unterschriftensammlung starten kann. Bis dahin hat die herabsetzende Darstellung von Frauen im besten Fall bereits abgenommen. „Mein Eindruck ist, dass sexistische Werbung insgesamt rückläufig ist, weil immer mehr Unternehmen dafür sensibilisiert sind“, meint El-Ghazi. Monitoringprojekte wie in Berlin tragen dazu sicher ihren Teil bei.

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Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

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