Präsidentschaftswahlen in Kolumbien: Etappensieg für linken Kandidaten

Der linke Gustavo Petro gewinnt die erste Runde der Wahlen in Kolumbien. In die Stichwahl muss er gegen den Trump-Fan Rodolfo Hernández.

Menschen werfen Konfetti in die Luft und feiern.

Anhänger des linken Petro feiern den Etappensieg Foto: Andrés Cardona/rtr

BOGOTÁ taz | Der linke Kandidat Gustavo Petro hat am Sonntag die Präsidentschaftswahl in Kolumbien gewonnen – allerdings nur die erste Runde. Petro erzielte nach dem vorläufigen Ergebnis 40,3 Prozent der Stimmen. 50 Prozent wären für einen direkten Sieg nötig. So kommt es am 19. Juni zu einer Stichwahl zwischen Petro und dem Zweitplatzierten Rodolfo Hernández, der 28,1 Prozent erzielte. Auf dem dritten Platz landete mit 23,9 Prozent der Kandidat des Rechtsbündnisses, der ehemalige Bürgermeister von Medellín Federico „Fico“ Gutiérrez.

Petro, der in allen Umfragen vorne gelegen hatte, sprach von einem „Tag des Triumphs“, als er am Abend in Bogotá vor seine Anhängerschaft trat. Das Ergebnis ist eine Niederlage für die seit Jahrzehnten das konservative Land regierende Rechte um den mächtigen Ex-Präsidenten Álvaro Uribe. Der hatte 2018 dem jetzigen Präsidenten Ivan Duque ins Amt verholfen – und auch Fico Gutiérrez seine Unterstützung zugesichert.

„Heute geht es um den Wandel“, sagte Petro nach der Veröffentlichung der Wahlergebnisse. „Eine Ära geht zu Ende. Jetzt geht es darum, die Zukunft zu gestalten.“ Und an die kolumbianischen Unternehmer gerichtet: „Jetzt ist der Moment zu entscheiden. Ich biete Ihnen soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Stabilität an.“ Petro wäre der erste linke Präsident Kolumbiens.

Mit Rodolfo Hernández trifft er in der Stichwahl auf einen schwierigen Gegner. Hatte Gutiérrez mit Kontinuität im Wahlkampf punkten wollen, setzte Hernández genau wie Petro rhetorisch auf Veränderung. Ansonsten könnten die beiden nicht unterschiedlicher sein.

Gegenkandidat Hernández mag Trump und ist auf TikTok

Der 62-jährige Ökonom Gustavo Petro trat als Teenager der urbanen M-19-Guerilla bei und demobilisierte sich 1990 mit ihr. Er ist seit Jahrzehnten Berufspolitiker, war Bürgermeister von Bogotá und zuletzt Senator. Als solcher deckte er Verbindungen zwischen Politikern aus dem Lager des Ex-Präsidenten Álvaro Uribe und den Paramilitärs auf. Petro hat einen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Reformkurs angekündigt, um die krasse Ungleichheit im Land anzupacken, und zieht mit der Schwarzen Bürgerrechtlerin und Umweltschützerin Francia Márquez als Vize ins Rennen.

Der Parteilose Rodolfo Hernández war mit 77 Jahren der älteste Kandidat. Der frühere Bürgermeister der Stadt Bucaramanga wurde landesweit bekannt mit einem Video, in dem er in einem cholerischen Anfall einem Stadtrat eine schallende Ohrfeige verpasste. Seinen raketenartigen Aufstieg im Wahlkampf verdankt er einem Social-Media-Berater, der schon El Salvadors autoritären Präsidenten Nayib Bukele und US-Präsident Donald Trump unterstützte. Hernández ist Fan von beiden, zudem hat er Bewunderung für Adolf Hitler geäußert. Vor allem auf TikTok macht er auf lustigen Alten.

Wie Trump ist Hernández im Baugeschäft reich geworden, seine Botschaften sind einfach gestrickt, seine politischen Inhalte dünn gesät und er widerspricht sich regelmäßig. Er hat bei keinem der Wahlduelle mitgemacht – die Kolumbianerïnnen haben seine Positionen also nie im direkten Vergleich mit der Konkurrenz gehört.

In der Vergangenheit fiel er auf mit Sexismus und in seiner Zeit als Bürgermeister mit rassistischen Bemerkungen über Flüchtlinge aus Venezuela. Im Wahlkampf war sein Steckenpferd der Kampf gegen die alten politischen Eliten und die Korruption – in Form von Ausgaben-Kürzungen. Dabei ist er der einzige Kandidat, gegen den wegen Korruption ermittelt wird.

Über 320 Berichte zu Unregelmäßigkeiten bei der Wahl

Der Wahltag verlief wider Erwarten überwiegend friedlich. ELN- Guerilla und Farc-Dissidenzen hielten sich offenbar an den angekündigten Waffenstillstand. Zum ersten Mal hatte die EU schon Monate vor der Wahl Beobachterïnnen geschickt.

Die Zeit des Wahlkampfs war die gewalttätigste der vergangenen zwölf Jahre gewesen laut Wahlbeobachtungsmission MOE. Bei Schließung der Wahllokale lagen ihr 322 Berichte über mutmaßliche Unregelmäßigkeiten und Delikte vor. Eine Wahlhelferin wurde in einem Dorf in der Region Meta ermordet, als sie Wahlunterlagen wegtransportierten wollte, und ein Soldat verletzt.

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