Islamistischer Terror in Nigeria: Die unbekannten Toten von Borno

In Nigerias Bundesstaat Borno werden 32 Menschen getötet. Unklar ist, ob Boko Haram oder eine Abspaltung für das Massaker verantworlich ist.

Soldaten der der nigerianischen Armee patrouillieren

Soldaten der nigerianischen Armee patrouillieren an einer Straße in Damboa im Bundesstaat Borno Foto: Stefan Heunis/afp

LOMÉ taz | Die Rede ist mittlerweile von mindestens 32 Menschen, die am vergangenen Wochenende durch die Terrorgruppe Boko Haram in Nigerias Bundesstaat Borno ums Leben gekommen sind. Die Bewaffneten sollen sie im Dorf Mudu im Landkreis Dikwa ermordet haben. Mitunter heißt es, dass es sich bei den Opfern um Farmer handelt, die gerade auf ihren Feldern arbeiteten.

Vieles ist jedoch noch unklar. Es hat Tage gebraucht, bis die Nachrichten die Provinzhauptstadt Maiduguri erreicht haben. Mehrere nigerianische Medien sprechen von bis zu 70 Todesopfern. In einer Mitteilung von Babagana Zulum, Gouverneur des Bundesstaates Borno, heißt es, dass es sich bei den Toten um junge Männer handeln würde, die nach Metallen gesucht hätten, um diese zu verkaufen.

Die Metallsammler werden Kayan Ajaokuta genannt. Sie sollen aus dem Nachbarlandkreis Kala/Balge stammen. Sechs weitere Personen sollen verletzt worden sein, zwei konnten fliehen. Gouverneur Zulum sei „sehr besorgt“, heißt es.

Unklar ist außerdem, ob die Täter Boko Haram angehören oder dem Islamischen Staat in der Westafrikanischen Provinz (ISWAP), der sich 2016 von Boko Haram abgespaltet hat. ISWAP hat unter anderem durch die Ermordung des einstigen Boko-Haram-Anführers Abubakar Shekau im vergangenen Jahr seinen Einfluss stark ausbauen können. Ex­per­t*in­nen gehen jedoch davon aus, dass ISWAP stärker daran interessiert ist, Gebiete unter seine Kontrolle zu bringen, und sich Gewalt verstärkt gegen staatliche Strukturen richtet.

Amnesty: Schamlose Missachtung des Lebens

Das jüngste Massaker könnte jedoch eine Vergeltung sein. In den vergangenen Monaten sind mehrere höherrangige ISWAP-Kommandeure bei Luftangriffen ums Leben gekommen. Das Massaker kann auch als Warnung an die Zivilbevölkerung verstanden werden, nicht mit dem nigerianischen Staat zu kooperieren.

Das Nigeria-Büro der Menschenrechtsorganisation Amnesty International spricht von einer schamlosen Missachtung des Lebens. Bei der gezielten Ermordung von Zi­vi­lis­t*in­nen handele es sich um Kriegsverbrechen, die vor Gericht gebracht werden müssten.

Die Region in der Nähe der kamerunischen Grenze gilt als die am schlechtesten gesicherte. Im Januar 2019 starben in Rann, lokaler Verwaltungssitz von Kala/Balge, mindestens 60 Menschen bei einem Angriff. Im November 2020 wurden im Landkreis Jere mindestens 110 Farmer ermordet.

Das wirkt sich im Nordosten Nigerias auch negativ auf die Ernährungssicherheit aus. Seit Jahren bleiben aus Angst vor Angriffen Felder brach liegen. Nach Informationen des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen leiden in der Region 4,4 Millionen Menschen an Hunger. 320.000 Kinder sind akut mangelernährt. Mehr als zwei Millionen Personen sind Binnenflüchtlinge.

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