Wildbaden am Weißen See: Abkühlung verboten

Aufregung am Weißen See: Stadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU) will das schon immer verbotene, aber lange tolerierte Wildbaden verhindern.

Eine Wasserfläche, dahinter ein Strandbadgebäude mit der Aufschrift "Weissensee".

Schön hier: Blick auf das Strandbad Weißensee in Pankow Foto: imago

BERLIN taz | Der kalendarische Sommer kommt erst noch, und wieder mal ist bereits der Frühling überdurchschnittlich warm und sonnig. Ein Glück, dass das schon jetzt staubtrockene Berlin wenigstens so viele Seen hat, die in der gegenwärtigen Hitze eine willkommene Erfrischung versprechen. In diesem Jahr jedoch nicht mehr an den zahlreichen natürlichen Badestellen am Weißen See im Berliner Nordosten. Hier will die zuständige Pankower Stadträtin, Manuela Anders-Granitzki (CDU), das zwar immer schon verbotene, aber seit Langem tolerierte Wildbaden nun verhindern.

In den Fokus gerückt war das Thema spätestens vergangenen Sommer, als ein Mann nachts im See ertrank und in der Presse über Vandalismus, Körperverletzung und „Partytourismus“ berichtet wurde. Im Herbst gab dann der damalige Bezirksstadtrat für Straßen und Grünflächen, Vollrad Kuhn (Grüne), sein Amt an Anders-Granitzki ab. Die setzt das ihr unterstehende Ordnungsamt nun nicht nur auf mutwillige Unruhestifter an, sondern lässt auch friedliche Schwimmer, umsichtige Radfahrer und alte Damen mit unangeleint hinterherhinkenden Hunden direkt zur Kasse bitten, wie an den ersten heißen Tagen im Park zu beobachten war.

Doch die eigentlich geltenden Parkregeln kennt hier kaum jemand. Eine ausreichende Beschilderung war lange Zeit nicht vorhanden oder wurde beschädigt. Deswegen hat die Stadträtin im Park nun neue grüne Pappschilder mit vielen winzigen Piktogrammen aufhängen lassen, die Besucher darüber informieren sollen, was alles verboten ist: Radfahren, Baden, Grillen, Shisha rauchen, Lärm machen, Enten füttern und einiges mehr.

Vielen Parkbesuchern dürften die unscheinbaren Schilder gar nicht aufgefallen sein. Um das zu ändern, sollen nun in unangekündigten „Schwerpunkteinsätzen“ Ordnungsamt und Polizei nachhelfen, wie die Berliner Morgenpost berichtet.

„Aber es fahren hier doch alle“, beschwert sich eine Radlerin mit Helm und Kindersitz, die nichtsahnend zwei Außendienstmitarbeiterinnen in die Arme gefahren ist, während sich weitere Vorbeirollende davon nicht aus der Ruhe bringen lassen, „und die meisten fahren doch rücksichtsvoll“.

30 Euro Verwarngeld

Dass die Wege eigentlich auch fürs Fahrradfahren breit genug sind, gibt sogar eine der Ordnungshüterinnen zu. Verboten ist es trotzdem, und darum muss auch gezahlt werden. 30 Euro Verwarnungsgeld kostet es die ungläubige Radfahrerin, beim unerlaubten Baden ist es ähnlich. Aber auch viele Bader verstehen nicht, warum ihre kurze Abkühlung über denselben Kamm geschoren werden soll wie ausgiebige nächtliche Partys.

Doch den See kann auch gesittetes Badevergnügen belasten – wenn ihm schlicht zu viele Menschen nachgehen. „Der erhöhte Nutzungsdruck in den letzten Jahren hat zu einer massiven Schädigung der Parkanlage am Weißen See und des Sees selbst geführt“, erklärt Anders-Granitzki auf Nachfrage. „Insbesondere für den Uferschutz ist es unerlässlich, dass das ‚Wildbaden‘ unterbleibt.“

Pappschilder informieren darüber, was alles verboten ist: Rad fahren, baden, grillen und einiges mehr

Die Ufer zu betreten, bleibt allerdings erlaubt. Einzäunungen soll es nur für besonders sensible Bereiche geben, etwa die Brutstätte der Schwäne, die Anfang Mai beschädigt wurde. Vorbehalte gegen die Polizeiaktionen am See dürften es in Pankow schwer haben, in der Bezirksverordnetenversammlung steht auch die Opposition in Form der FDP hinter dem Vorgehen: „Angesichts der knappen Personal- und Finanzmittel ist hier leider nur noch der Weg der Sanktionen hilfreich“, erklärt FDP-Fraktionsmitglied Oliver Simon.

Die einzige legale Badestelle am See wäre dann das Strandbad Weißensee, dessen Pächter Alexander Schüller sich in Interviews auch gerne für das Wildbadeverbot starkmacht. Ganz objektiv ist er dabei nicht, verdient er doch an jedem Erfrischungsbedürftigen, den das Ordnungsamt zum Baden zu ihm schickt. Für eine dreiköpfige Familie kostet der Eintritt ins Strandbad immerhin 10 Euro. Schon seit Jahren schlägt Schüller allerdings vor, gegen geringeren Eintritt noch einen zweiten Strand mit Toiletten und Rettungsschwimmern auszustatten. Dort könnten zu den rund 900 Plätzen im Strandbad noch einmal bis zu 500 Badegäste Platz finden, wie Schüller der Morgenpost mitteilte.

Für den Abkühlungsbedarf im Bezirk ist das sicher immer noch zu wenig, Schüller spricht von bis zu 4.000 Seebesuchern an besonders heißen Tagen. Aber immerhin prüft der Bezirk jetzt die Möglichkeit einer zweiten Badestelle, kommen soll die aber frühestens 2023. Vorher will Schüller noch ein neues Restaurant neben dem Strandbad eröffnen, der Baubeginn dafür ist im September geplant.

Auch durch den Bezirk stehen dann weitere Baumaßnahmen an. Mit knapp zwei Millionen Euro aus einem Klimaschutzprogramm des Bundes sollen die an vielen Stellen grasfreien Seeufer erneuert werden. Auch für eine bessere und zugleich energiesparende LED-Beleuchtung will man sorgen sowie für barrierefreie Wege. Für ebenfalls dringend benötigte Sanitäranlagen soll es aber kein Geld geben. Weil die Bundesmittel „an innovative oder besonders nachhaltige Planungsansätze gebunden“ seien, müsse ihre Freigabe nun erst aufwändig geprüft werden, wie es in dem Zeitplan heißt, den Anders-Granitzki auf Anfrage der Pankower SPD-Fraktion vorgestellt hat. Begonnen werden könne daher erst im kommenden Jahr.

Für ebenfalls dringend benötigte Sanitäranlagen soll es aber kein Geld geben.

Bereits seit Monaten läuft allerdings ein neuer Grundwasserbrunnen, um den in den vergangenen Jahren stark gesunkenen Wasserpegel wieder auszugleichen. Dadurch sind inzwischen auch viele der kleinen Strände schon wieder überspült worden, die in den letzten Jahren zum Naturbaden einluden. Ob das die Wasserfreunde auch an den Tagen fernhalten wird, an denen das Ordnungsamt nicht im Einsatz ist?

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