Kampf gegen sexuelle Gewalt an Kindern: Packt den Vorschlaghammer ein

Die EU-Kommission will Messengerdienste verpflichten, Missbrauchsdarstellungen aufzuspüren. Doch am geplanten Gesetzesvorschlag gibt es viel Kritik.

Ein Hammer liegt auf einer Werkbank mit Computerplatinen

Mit dem Vorschlaghammer: So lautet die Kritik am geplanten Gesetz Foto: Panthermedia/imago images

Fünfundachtzig Millionen. Das ist die grausige Anzahl an Fotos und Videos, die sexuelle Gewalt an Kindern zeigen, die nach Angaben der EU-Kommission 2021 weltweit aufgespürt wurde. Kinderpornografie ist also kein kleines Randproblem im Darknet – doch lange Zeit hat das Teilen solcher Gewalttaten auf digitalen Kanälen kaum Aufmerksamkeit bekommen. Die EU-Kommission will das nun ändern und hat mit ihren Plänen in den vergangenen Monaten schon ordentlich Staub aufgewirbelt.

Vergangene Woche stellte sie nun ihre konkreten Pläne vor: Die EU-Kommission will Hoster und Messengerdienste dazu verpflichten, Fotos und Videos von Kindesmissbrauch aufzuspüren. So weit, so gut. Dazu müssten die Anbieter von Whatsapp, Signal und Co. aber die Kommunikation ihrer Nut­ze­r:in­nen komplett auf stafbare Inhalte durchsuchen – auch die verschlüsselten Nachrichten. Dies gilt zwar erst, sofern ein „signifikantes Risiko“ dafür besteht, dass der Messengerdienst zur Verbreitung von Missbrauchsbildern genutzt wird – wie das genau erkannt werden soll, bleibt aber fraglich.

Personalmangel bei der Polizei

Denn wie Dienste dieser Aufforderung nachkommen sollen, ohne ihre Ende-zu-Ende-verschlüsselte Kommunikation zu brechen, bleibt unbeantwortet. Kritik und Proteste häufen sich, und das tatsächlich zu Recht. Selbst der Deutsche Kinderschutzbund meint, dass dieses Gesetz nicht dazu beitragen würden, Kinder besser zu schützen oder Täter schneller zu identifizieren und zur Verantwortung zu ziehen. Warum? Weil das Problem der Polizei woanders liegt: Es fehlt, wie so oft, an Personal. Die Er­mitt­le­r:in­nen kommen kaum hinterher, die Unmengen an Daten zu durchforsten.

Außerdem kommt hinzu, dass nach Angaben von Kin­der­schüt­ze­r:in­nen ein Großteil der Bilder gar nicht bei den gängigen Messengerdiensten geteilt wird – an dieser Stelle kommt dann in der Tat das Darknet ins Spiel. Die pauschale Kontrolle dieser Dienste würde also den ganz großen Erfolg gar nicht bringen, dafür aber einen enormen Kollateralschaden mit sich führen.

Kritik durch Da­ten­schüt­ze­r:in­nen

Einerseits, weil natürlich auch harmlose Familienbilder ins Visier geraten können, anderseits birgt diese enorme Überwachung auch zusätzliche Gefahren – vom Vertrauensverlust und Eingriff in die Privatsphäre ganz zu schweigen. Aber Kontrollhintertürchen für Er­mitt­le­r:in­nen können natürlich illegal auch von anderen genutzt werden, außerdem besteht die Möglichkeit, damit ganz andere Daten und Informationen über Bür­ge­r:in­nen zu erhalten.

Nun steckt hinter jedem Bild, jedem Video ein Kind, ein Opfer, das schnellstmöglich Hilfe, Unterstützung und Schutz braucht. Und ja, dieses Thema braucht die größtmögliche Aufmerksamkeit der Gesellschaft. Aber einmal den Vorschlaghammer über Datenschutz und Privatsphäre zu schwingen, zumal er nur scheinbar dem Kampf gegen sexuelle Gewalt an Kindern dient, führt am Ende zu einem großen Schaden. Es muss also dringend ein besserer Vorschlag her.

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Jahrgang 1994 | bei der taz seit 2016 | früher auf Deutschlandreise für taz.meinland & Editorial SEO für die taz | seit 2019 Redakteurin für Gesellschaft und Medien | spricht mit im Podcast Weißabgleich und schreibt die Kolumne Digital Naives | Interessiert sich für Datenpolitik, Fake News & Social Bots.

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