Abtreibungen fast unmöglich

Oklahoma plant das strikteste Abtreibungsverbot der USA. Ausnahmen sind kaum vorgesehen

Aus New York Eva Oer

Von der riesigen blauen USA-Karte hängen 26 Kräuter herunter: Je eine Pflanze pro Bundesstaat, der künftig die Abtreibungsrechte einschränken könnte, hat das Kollektiv „How to Perform an Abortion“ (Wie man einen Schwangerschaftsabbruch durchführt) auf der Kunstmesse Frieze in New York gepflanzt. Auch auf der Fläche von Oklahoma grünt es üppig.

Am Donnerstag hat das Parlament des nordöstlich von Texas liegenden Bundesstaats ein Gesetz verabschiedet, das die derzeit geltenden Einschränkungen in den Schatten stellt: Es handelt sich um ein fast komplettes Verbot von Abtreibungen ab dem Zeitpunkt der Befruchtung, berichten US-Medien. Nur wenige Ausnahmen sind vorgesehen, etwa um in medizinischen Notfällen das Leben der Schwangeren zu retten oder bei einer der Polizei gemeldeten Vergewaltigung. Der Entwurf definiert ein „ungeborenes Kind“ als menschlichen Fötus oder Embryo in jedem Stadium der Schwangerschaft, von der Befruchtung bis zur Geburt.

Der republikanische Gouverneur Kevin Stitt hat das Gesetz noch nicht unterschrieben. Das ist aber zu erwarten, da er angekündigt hat, alle Initiativen gegen Schwangerschaftsabbrüche zu unterzeichnen, die auf seinen Schreibtisch kommen. So hatte er Anfang Mai erst ein Gesetz unterschrieben, dass ähnlich dem texanischen „Herzschlag-Gesetz“ eine Abtreibung nach circa 6 Wochen verbieten würde.

Eigentlich schützt das Grundsatzurteil „Roe v. Wade“ aus dem Jahr 1973 US-weit das Recht von Frauen, einen Schwangerschaftsabbruch in Anspruch nehmen zu können – und zwar bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Fötus außerhalb des schwangeren Körpers lebensfähig wäre. Das ist etwa ab der 24. Woche der Fall.

Doch das Urteil steht unter Beschuss: Laut einem geleakten Urteilsentwurf gibt es am Supreme Court eine Mehrheit dafür, „Roe v. Wade“ zu kippen. Die Entscheidung wird für Juni erwartet. Für den Fall von „Roe v. Wade“ haben viele republikanisch regierte Bundesstaaten schon restriktive Anti­abtreibungsgesetzgebungen verabschiedet, die dann in Kraft treten würden – sogenannte ­trigger laws.

Das neue Gesetz in Oklahoma ermöglicht schon jetzt allen Privatpersonen, die Menschen zu verklagen, die Hilfe oder Beihilfe für Abbrüche leisten – etwa Ärz­t*in­nen oder womöglich sogar Menschen, die Abtreibungswillige zur Klinik fahren. Damit umgeht der Staat die durch „Roe v. Wade“ zugesicherte Abtreibungsfreiheit – weil es nicht der Staat ist, der die Gesetzgebung durchsetzt, sondern Bürger*innen.